Mit Hilfe dieser einfachen Simulation kann für jedes Team eine Wahrscheinlichkeit berechnet werden, den Titel mit nach Hause zu nehmen. Die Tabelle zeigt das Ergebnis einer solchen Simulation, für die Robert Fendt an der TU Dortmund das Programm geschrieben hat. Deutschland wird also mit einer Wahrscheinlichkeit von 20,33 Prozent Weltmeister.
Doch was bedeuten 20,33 Prozent wirklich? Ist das nicht ziemlich wenig? Im Prinzip ja, denn dies heißt, dass zu etwa 80 Prozent ein anderes Team als Jogis Jungs mit dem Weltpokal aus Brasilien heimkehrt. Aber man sollte bedenken, dass ein „Durchschnittsteam“ einer fiktiven Weltmeisterschaft, bei der lauter gleich starke Teams antreten würden, nur eine Wahrscheinlichkeit von 1/32 = 0,03125 = 3,12 Prozent hätte, den Titel zu gewinnen.
Jogis Elf wäre nach Toren Sieger
Unser Team hat also eine immerhin 6,5-fach höhere Wahrscheinlichkeit Weltmeister zu werden, als
es ein „Durchschnittsteam“ hätte. Das ist nicht sooo schlecht, zumal keine andere Nationalmannschaft besser dasteht. Sieben Teams liegen nur besser als der Durchschnitt, und immerhin 25 Teams werden unterdurchschnittlich abschneiden. Dies ist eine Folge der Poisson-Formel, in die die durchschnittliche Toranzahl exponentiell einfließt, und somit kleine Änderungen dieser Torrate einen relativ großen Einfluss haben können.
Die Tabelle besagt übrigens nicht, dass die Niederlande Zweiter und England Dritter werden, sondern dass die Niederlande die zweitgrößte Wahrscheinlichkeit haben, den Titel zu erringen und England die drittgrößte – über zweite und dritte Plätze sagt die Tabelle nichts aus. Man sieht aber auch, dass es einige Mannschaften besonders hart trifft: Während Gastgeber Brasilien immerhin noch mit 9,04 Prozent den Titel nach Hause holt, kann Spanien den Titel nur mit einer Wahrscheinlichkeit von 0,65 Prozent verteidigen – und Mexiko sollte lieber gleich zu Hause bleiben.
Simulation ist reines Offensivmodell
Man sollte noch anmerken, dass es sich bei dem diskutierten Modell um ein reines Offensivmodell handelt. Das heißt: Die Spielstärke einer Mannschaft wird ausschließlich durch die Fähigkeit definiert, ein Tor zu erzielen, nicht eines zu verhindern. Die Stärke der Abwehrreihen bleibt damit völlig unberücksichtigt. Italiener würden unser Modell daher wahrscheinlich stark kritisieren. Deswegen könnte man das Modell sicher weiter verfeinern – dies kann jeder vielleicht sogar selbst ausprobieren!
Alles in allem können wir vor dem Start der Fußball-Weltmeisterschaft am 12. Juni recht gelassen nach Brasilien blicken. Kein Team hat eine höhere Wahrscheinlichkeit mit dem Weltpokal nach Hause zu kommen als unseres. Aber trotzdem müssen wir mächtig für Schweini & Co die Daumen drücken, denn rund 80 Prozent Unsicherheit lässt noch genügend Raum für Spannung und Überraschungen!
Metin Tolan, TU Dortmund / DFG Forschung
Stand: 06.06.2014