In einem Punkt waren schon in den Voyager-Aufnahmen klare Unterschiede zwischen Uranus und Neptun zu erkennen: Wo die Atmosphäre des Uranus eher einfarbig und wenig strukturiert scheint, zeigt der Neptun weithin sichtbare Bänder und Sturmflecken. Gewaltige Sturmwirbel sind als dunkle oder strahlend helle Flecken in der Gashülle zu erkennen.
Der 1989 von Voyager auf der Neptun-Nordhalbkugel aufgenommene „Große Dunkle Fleck“ blieb über fünf Jahre nahezu unverändert erhalten, bis er dann verschwand und ein anderer Sturmwirbel später an seine Stelle trat. Ähnlich wie auf dem Jupiter gibt es aber auch langgestreckte Wolkenbänder aus gefrorenen Methanpartikeln, die auf sich rund um den Planeten erstreckende Gasströmungen hindeuten.
Messungen zeigen, dass die Stürme des Neptun es in sich haben: Sie erreichen wahrscheinlich Spitzenwerte von bis zu 2.100 Kilometern pro Stunde. Damit ist Neptun der Planet mit der höchsten Windgeschwindigkeit im Sonnensystem. Genau das aber weckt eine entscheidende Frage: Was treibt diese rasenden Winde an? Auf der Erde ist letztlich die Sonne der Motor. Sie erzeugt Temperaturunterschiede und damit auch Luftdruck-Differenzen. Der Wind weht dann von Gebieten höheren Luftdrucks in Gebiete mit niedrigerem Druck.
Rätselhafter Wärmeüberschuss
Doch der Neptun auf seinem fernen Außenposten erhält nur knapp ein Tausendstel der Sonnenenergie, die die Erde bekommt. Das erscheint nicht einmal annähernd ausreichend, um die rasenden Gasströme des Eisriesen anzutreiben. Was aber ist es dann? Eine mögliche Erklärung könnte eine weitere Beobachtung der Planetenforscher liefern: Der Neptun strahlt trotz seiner eisigen Kälte von durchschnittlich -200°C rund zweieinhalb Mal mehr Wärme in den Weltraum hinaus, als er durch die Sonne bekommt.
Warum, ist bislang noch unklar. Theoretisch könnte es sein, dass der Neptun in seinem Inneren noch mehr Hitze aus seiner Frühzeit gespeichert hat. Möglich wäre aber auch, dass radioaktive Zerfallsprozesse die Energie erzeugen – ähnlich wie im Inneren der Erde.
40 Jahre Sommer
Eine andere Erklärung für die Stürme könnte die Neigung des Planeten gegenüber seiner Bahn sein. Denn die Rotationsachse des Neptun ist gegenüber der Bahnebene um rund 28° gekippt. Dies sorgt dafür, dass im Laufe eines Umlaufs um die Sonne mal die eine Halbkugel, dann wieder die andere dem Stern stärker zugewandt ist – es entstehen Jahreszeiten. Weil allerdings ein Neptunjahr rund 165 Erdenjahre dauert, sind diese ebenfalls entsprechend länger: Auf dem Neptun dauert der Sommer 40 Jahre statt nur ein paar Monate.
Bei einer so langen Zeit aber reicht selbst die geringe Sonneneinstrahlung aus, um deutliche Temperaturunterschiede zwischen den Regionen mit kontinuierlichem Sonnenlicht und denen mit Tag-Nacht-Wechsel oder sogar Dauerdunkel zu erzeugen. Diese jahreszeitenbedingten Unterschiede könnten nach Ansicht einiger Forscher durchaus genügend Warm-Kalt-Gefälle in der Planetenhülle bewirken, um die Gase anzutreiben und zu beschleunigen.
Nadja Podbregar
Stand: 30.05.2014