Kohlenstoff ist mit Abstand das vielseitigste chemische Element, und eins der wichtigsten für den Menschen: Praktisch alle lebensnotwendigen Biomoleküle basieren auf einem Grundgerüst aus Kohlenstoffatomen – eine unzählbare Menge unterschiedlicher organischer Verbindungen.
Genauso faszinierend sind die vielen unterschiedlichen Erscheinungsformen des elementaren Kohlenstoffs: einerseits funkelnder Diamant, andererseits schwarze Kohle. Kohlefasern sind als Leichtbauwerkstoff mittlerweile weit verbreitet, von Angelruten über Fahrradrahmen bis hin zu Flugzeugteilen. Darüber hinaus gibt es die exotisch anmutenden Kohlenstoff-Nanoröhrchen und die fußballartigen Fullerene mit ihren ganz eigenen physikalischen und chemischen Eigenschaften.
Exotischer Kohlenstoff im Bleistiftstrich
Das Graphen, einer dieser Exoten, ist eigentlich gar nicht so exotisch: In kleinsten Mengen kommt es bereits in jedem Bleistiftstrich vor. Die Mine im Bleistift besteht aus Graphit. Diese Form des Kohlenstoffs besteht aus unzähligen Schichten. In jeder dieser Schichten wiederum bilden die Kohlenstoffatome, zu Sechsecken angeordnet, ein absolut regelmäßiges Gitter. Diese Schichtstruktur gibt bereits dem Graphit interessante Eigenschaften: So leitet er beispielsweise hervorragend elektrischen Strom – aber nur parallel zum Schichtverlauf, nicht quer dazu.
Ein Stapel von drei Millionen dieser Schichten bildet lediglich einen Millimeter Graphit. Schon vor über 70 Jahren spekulierten Wissenschaftler darüber, wie sich wohl eine einzelne Schicht Graphit verhalten könnte. Sie gaben dem – damals noch hypothetischen – Material den Namen Graphen. Von anderen Kohlenstoff-Nanomaterialien waren bereits solche Einzelschichten bekannt: In den Nanoröhrchen und Fullerenen sind sie zu Rollen und Kugeln geformt. Auch diese tragen das charakteristische Sechseck-Muster.
Dennoch ging niemand davon aus, dass es das Graphen als freie Schicht, gewissermaßen eine superdünne Kohlenstoff-Folie, tatsächlich geben könnte: Eine einzelne Lage von Atomen musste einfach viel zu instabil sein, so die verbreitete Annahme.
Ansgar Kretschmer
Stand: 16.05.2014