Eigentlich ist doch alles prima: Dank Nanopartikeln stinken unsere Socken nicht mehr, das Schneidbrett in der Küche ist hygienisch sauber und die Sonnencreme hinterlässt keine weißen Schlieren auf unseren Klamotten. Aber leider ist die Geschichte damit noch nicht zu Ende. Denn was passiert, wenn unser Messer das Brettchen zerkratzt, die Sonnencreme beim Baden im See abgespült wird oder unsere Nanosilber-Socken in der Waschmaschine landen? Genau: Die Nanopartikel landen im Müll, im Abwasser oder werden sogar als Feinstaub durch die Luft gewirbelt.
Von der Socke in die Kläranlage
2009 haben Forscher der Eidgenössischen Materialprüfungs- und Forschungsanstalt Empa beispielsweise getestet, wie schnell sich Nanosilber beim Waschen aus Socken und anderen Textilien löst. Wie sich zeigte, genügte teilweise schon ein Waschgang in der Maschine, um bis zu 45 Prozent des Nanosilbers herauszuwaschen. US-Forscher stellten bei ähnlichen Versuchen fest, dass bei zwei von sechs Sockenmarken die Nanosilber-Partikel schon nach vier Wäschen vollständig herausgelöst waren und mit dem Waschwasser in Kläranlagen gelangten. Dort setzte sich ein Großteil der Silberpartikel im Klärschlamm ab, ein Teil blieb jedoch in der Schwebe und konnte durch alle Filter hindurch mit dem gereinigten Wasser bis in den Fluss gelangen.
Das allerdings ist alles andere als unproblematisch. Denn was in der Socke so nützlich ist – das Abtöten von Bakterien – ist in der Kläranlage und auch im Gewässer kontraproduktiv. Für den biologischen Klärprozess werden in den Klärbecken Milliarden nützliche Mikroben eingesetzt, die organische Verunreinigungen im Abwasser abbauen. Und auch in Flüssen und Seen werden diese Mikroben dringend benötigt, weil sie auch dort tote Wasserorganismen, Algenreste und andere auf den Grund absinkende Reste beseitigen und so dafür sorgen, dass das Wasser sauber bleibt. Werden diese Helfer aber durch Nanosilber abgetötet oder in ihrem Wachstum gehemmt, beeinträchtigt dies das Gewässer.
Ende für nützliche Wassermikroben
Forscher der TU Wien haben 2009 im Labor untersucht, wie sich ein anderes häufiges Nanopartikel, Nano-Titandioxid auf Wassermikroben auswirkt. In ihrem Test ließen sie dazu eine Lösung von fünf Milligramm NaTiO2 einmal bei hellem Licht und einmal bei Dunkelheit in ein Becken mit gefiltertem, mikrobenreichen Seewasser strömen. Die Konzentration der eingeleiteten Nanopartikel entspreche dabei durchaus derjenigen, wie sie auch am Ausfluss von Kläranlagen gemessen werde. „Damit ist das ein durchaus realistisches Szenario“, so Thilo Hofmann und seine Kollegen im Fachmagazin „Environmental Science & Technology“.
Nach 24 Stunden fanden die Forscher signifikante Schäden an den Membranen der meisten Mikrobenzellen im Seewasser – aber nur dann, wenn dieses dem hellen Licht ausgesetzt war. Vermutlich wirken die optisch aktiven Nano-Partikel wie Katalysatoren, die zellschädigende photochemische Reaktionen auslösen, mutmaßen die Wissenschaftler. „Diese Studie liefert den ersten Beweis dafür, dass auch Nano-Titandioxid natürliche Mikrobengemeinschaften signifikant schädigt – und dies bei UV-Einstrahlungen und Partikelkonzentration, wie sie auch in Oberflächengewässern auftreten können.“
Ebenfalls als schädlich, wenn auch eher durch zu wenig Licht, erwiesen sich auch Nano-Kohlenstoff-Röhrchen in einem Test Schweizer Forscher im Jahr 2011. Hielten sie Grünalgen in Wasser mit einem Gehalt von einem Milligramm pro Liter Nano-Röhrchen, wuchsen die Algen deutlich langsamer. Bei näherer Untersuchung zeigte sich, dass sie zwar unverändert aktiv Photosynthese betrieben, aber durch die Nanoröhrchen stärker miteinander verklumpten und so weniger Licht erhielten.
Nadja Podbregar
Stand: 08.03.2013