Anthropogeographie

Drei Szenarien

Wie könnte die Stadt von Morgen aussehen?

Wie kann die Stadt aussehen, in der wir in Zukunft leben und arbeiten wollen? Und wie kommen wir dorthin? Um das herauszufinden, haben Fraunhofer-Forscher zusammen mit externen Wissenschaftlern und Entscheidungsträgern einen Foresight-Prozess gestartet und dabei drei Zukunftsszenarien für eine mögliche Stadt von morgen entwickelt.

Szenario 1: Die starke Stadt

Das Zukunftsszenario „Starke Stadt“ ist gekennzeichnet durch einen hohen Dienstleistungsgrad von städtischen Angeboten. In dieser Vision ist die Stadtverwaltung der Spielmacher für die nachhaltige Stadtentwicklung, wird dabei aber durch die Privatwirtschaft unterstützt. In der Praxis zeigt sich dies beispielsweise durch das Grundrecht aller Bürger auf Mobilität: jeder Bewohner der starken Stadt hat freien Zugang zu allen Verkehrssystemen und ausreichend Mobilitätspunkte für alle Erledigungen des wöchentlichen Bedarfs.

In diesem Stadtszenario bleiben die alten, getrennten Nutzungsgebiete wie Wohnen, Gewerbe und Büro allerdings noch größtenteils erhalten. Somit verbringen die Bürger immer noch viel Zeit auf ihrem Weg zur Arbeit. Durch die zentrale Verkehrssteuerung und ein dichter vernetztes Angebot an öffentlichen Verkehrsmitteln bleiben aber immerhin die Stoßzeiten aus und der hohe Komfort entschädigt auch weitestgehend dafür. Manufakturen oder kleinräumliche Fabrikanlagen sind aber bereits in Wohngebiet integriert und werden durch neue Technologien zu leisen, emissionsarmen Nachbarn.

Szenario 2: Der starke Bürger

Das Szenario „Starker Bürger“ ist gekennzeichnet durch einen hohen Gemeinschaftsgedanken innerhalb der ganzen Stadt. In dieser Welt nimmt der mündige Bürger eine aktive Rolle in der Gestaltung der Stadt ein, da diese nur noch ein Minimum der heute bekannten Dienstleistungen anbietet. Die Stadt selbst wird als Wertschöpfungshub verstanden, in der alle Komponenten miteinander vernetzt sind. Grundlage dafür sind Innovationen und Technologien, die Bottom-up-Transformationen ermöglichen.

Neue Technologien erlauben die Stromerzeugung über spezielle Fassadenflächen © Fraunhofer Gesellschaft

Im Gegensatz zu den anderen Zukunftsszenarien hat durch die digitale Vernetzung der Bevölkerung auch eine sehr starke Durchmischung der früheren Stadtstrukturen stattgefunden. Durch mobile und modulare Wohn- und Nutzungsformen sind neue Ausprägungen von Wohnen, Arbeiten und Leben an einem Ort entstanden. Auch beim Thema „Energie“ haben sich durch neue Produkt- und Do-it-yourself-Angebote komplett neue Versorgungsstrategien gebildet, so dass ein Großteil der Bevölkerung nun „off-grid“ lebt. Der Verkehr ist noch stark auf den einzelnen ausgerichtet, neue Technologien wie Elektromobilität und Synthese-Gas sorgen für emissionsarme Antriebe. Zudem läuft der Verkehr in Stoßzeiten weitestgehend automatisiert.

Szenario 3: Starke Stadtteile

Das Morgenstadt-Szenario „Starke Stadtteile“ ist gekennzeichnet durch eine sehr hohe lokale und quartiersbezogene Veränderung in der Morgenstadt. Als Mittelweg zwischen der Gesamtstadt und dem einzelnen Bürger bieten vorhandene und neu entstehende Quartiersstrukturen eine Art Mikro-Community. Innerhalb der Stadt kommt es dadurch zu einer Heterogenisierung der Quartiere. Jeder Stadtteil stellt eine eigene Lebenswelt mit nahezu allen Angeboten für den täglichen Bedarf dar. Auch Produktionsstätten sind in die Wohn- und Lebenswelt der Quartiere integriert.

Auch die Energieversorgung ist je nach Viertel unterschiedlich. Viele nutzen einen Energiemix bestehend aus Solarenergie, Algenreaktoren zur Wasserstofferzeugung für stadtteilbezogene Block-Heiz-Kraftwerke (BHKW) und neue Netze für Kraft-Wärme-Kälte-Kopplung. Der aktive Wettbewerb sorgt zudem dafür, dass bereits ein Großteil der Quartiere energieneutral oder Plus-Energie-Quartiere sind, die Energiepatenschaften für benachbarte Quartiere übernehmen.

Wohnen, Arbeiten und Einkaufen in einem Viertel schafft kurze Wege © Fraunhofer Gesellschaft

Mobilität in diesem Szenario ist geprägt von einem hohen Anteil an Mikromobilitätslösungen: Da viele Nutzungen des täglichen Bedarfs in den Quartieren angesiedelt sind und auch Arbeitsprozesse in naheliegenden Co-Working-Hubs ablaufen, hat sich der Verkehr in der Stadt deutlich reduziert. Durch die räumliche Entflechtung von Verkehrsströmen hat sich auch die Parkplatzsituation in Wohngebieten vollständig entspannt, an vielen Straßen befinden sich nun straßenbegleitende Grünflächen oder kleinere Nutzungsmodule, die Cafés, Kiosks oder Lounges beinhalten. Jedem Quartier steht mittlerweile eine Art Baukastensystem aus verschiedensten Verkehrsträgern zur Verfügung.

Alle drei dieser Szenarien sind in sich konsistent und wären theoretisch machbar. Sie sollen daher die Grundlage darstellen, um über Wege hin zu einer nachhaltigen Stadt der Zukunft zu diskutieren, so die Fraunhofer-Experten. „In der nachhaltigen Entwicklung unserer Städte und Kommunen sehen wir einen der größten Hebel für eine zukunftsfähige Gesellschaft“, erklärt Spath. „Wir brauchen aber gemeinsame Ziele, Leitbilder und Wertvorstellungen, wie die Städte, in denen wir morgen leben und arbeiten werden, aussehen sollen – das heißt, wir müssen alle technologischen, organisatorischen und bedarfsbezogenen Faktoren, die künftig in Städten eine Rolle spielen, erforschen und daraus langfristige Handlungsmaximen für die Umwandlung heutiger Städte in Morgenstädte ableiten.“

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Fraunhofer Initiative Morgenstadt
Stand: 14.02.2013

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In den Schlagzeilen

Inhalt des Dossiers

Projekt Morgenstadt
Wie sieht die Zukunft unserer Städte aus?

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Zukunftstrend Megacities
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Drei Szenarien
Wie könnte die Stadt von Morgen aussehen?

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Von der Autostadt zur Menschenstadt
Auf dem Weg zu einer nachhaltigen Mobilität

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