Schleiereulen (Tyto alba) sind den meisten Menschen nur aus Naturfilmen bekannt. Gesehen hat die scheuen, nachtaktiven Tiere in Wald oder Flur kaum jemand. Und doch üben Eulen eine große Faszination auf den Menschen aus und bieten Stoff für Legendenbildungen aller Art.
Eulen sind für die einen ein Symbol der Weisheit, wie etwa der Steinkauz, dessen lateinischer Gattungsname Athene an die Göttin erinnert, die oft mit dem Tier zusammen abgebildet wird.
Eulen als Unheilsverkünder
Anderen gelten Eulen eher als Unheilsverkünder. Warum? Der Waldkauz balzt im Februar mit dem lauten Ruf „kuwitt, kuwitt“. Diesen Ruf missverstanden manche Zuhörer als „kommt mit, kommt mit!“ und interpretierten ihn im ausgehenden Winter – in einer Zeit, in der die Sterberate am höchsten ist – als Ruf des Todes.
Aus der Perspektive des Forschers ist die Schleiereule ein hochinteressantes Modelltier und eine Goldgrube für neue Erkenntnisse. Als Nachtjäger hat diese Vogelart in der Evolution einige Spezialisierungen hervorgebracht, die sehr spannend sowohl aus der Sicht der Grundlagenforschung als auch aus der „Natur-Anwendung“ sind. Im Folgenden soll sich der Blick auf einige dieser Anpassungen beziehungsweise evolutionären Erfindungen richten.
Evolution als Optimierungsprozess
Zunächst: Die Evolution ist ein Optimierungsprozess. Nur wer an eine vorgegebene ökologische Nische angepasst ist, kann auf lange Sicht überleben. Dabei findet die Evolution durch Mutation und Selektion Lösungen, die nicht nur Biologen, sondern auch Ingenieure immer wieder überraschen.
Besonders gute Lösungen findet man bei Tieren, die auf bestimmte Aufgaben spezialisiert sind. Deshalb lohnt es sich auch, solche Spezialisten zu untersuchen.
Professor Hermann Wagner / Lehrstuhl für Zoologie/Tierphysiologie an der RWTH Aachen / Laura Hausmann / DFG forschung 4 /2011
Stand: 15.03.2012