Als die Max-Planck-Forscher ihr Speichel-Projekt begannen, war praktisch nichts über das Mikrobiom in der Spucke gesunder Personen bekannt. Die meisten Studien über diese Bakterien konzentrierten sich auf Personen mit verschiedenen Erkrankungen der Mundhöhle. Deshalb führten die Forscher zunächst eine Überblicksstudie zur weltweiten Diversität durch. Sie beschafften Speichelproben von insgesamt 120 Personen, jeweils zehn Menschen aus zwölf Regionen – von Buenos Aires über Dessau und Johannesburg bis nach Shanghai.
Dafür wählten sie Personen aus, die nicht im gleichen Haushalt lebten und im Monat zuvor nicht weit gereist waren. Andere Aspekte, die das Speichel-Mikrobiom beeinflussen könnten, wie beispielsweise Ernährung, wurden nicht berücksichtigt, da der Zweck dieser ersten Studie nur darin bestand, festzustellen, wie groß die Variation im Speichel-Mikrobiom ist. Die Forscher vermehrten einen Teil des 16S rRNA-Gens aus jeder Probe, klonierten die Produkte und sequenzierten etwa 120 Klone pro Individuum. Dadurch erhielten sie insgesamt über 14.000 Sequenzen. Diese Sequenzen wurden dann mit der Datenbank des Ribosomal database project verglichen, um die den jeweiligen Sequenzen entsprechenden Bakterien zu identifizieren.
60 neue Bakteriengattungen im Speichel entdeckt
Da die Wissenschaftler nur einen Teil des 16S rRNA-Gens analysiert hatten, konnte sie zwar die jeweilige Gattung, aber nicht die Bakterienart zuverlässig bestimmen. Sie identifizierten aber immerhin insgesamt 101 Gattungen. Darunter waren 60 Gattungen, die zuvor im menschlichen Speichel noch nicht beschrieben worden waren. Insgesamt konnten die Forscher eine enorme Vielfalt im Mikrobiom des menschlichen Speichels nachweisen.
Die Wissenschaftler stellten fest, dass trotz dieser Vielfalt allein zehn Mikroben-Gattungen etwa 80 Prozent der Sequenzen ausmachten. Die Häufigkeit dieser Gattungen unterschied sich zwischen den einzelnen beprobten Orten beziehungsweise Regionen kaum. Nach Ansicht der Forscher deutet dies darauf hin, dass die Profile des Speichel-Mikrobioms zwischen Individuen wie auch zwischen den Regionen sehr ähnlich sind.
Gleiche Gene, egal woher
Das bestätigte sich auch in weiteren Analysen: Sequenzen vom gleichen Individuum sind immer ähnlicher als Sequenzen von unterschiedlichen Individuen. Wenn man unterschiedliche Individuen vergleicht, spielt es keine Rolle, ob sie aus der gleichen geografischen Region oder aus unterschiedlichen Regionen stammen. Mit anderen Worten, die Speichel-Mikrobiome von zwei Personen aus Deutschland sind sich nicht ähnlicher als die Speichel-Mikrobiome einer Person aus Deutschland im Vergleich zu einer Person aus China.
„Angesichts der großen Vielfalt in der Ernährung und anderen kulturellen Faktoren, die das Mikrobiom im menschlichen Speichel beeinflussen könnten, vermag dieses Ergebnis schon zu überraschen“, erklärt Mark Stoneking vom Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie.
Mark Stoneking, MPI für evolutionäre Anthrolopologie / Redaktion scinexx
Stand: 28.10.2011