Technik

Ein paar Nanosekunden sind zu viel

Die Suche nach noch schnelleren Schaltprozessen

Inzwischen schalten die Forscher vom Max-Planck-Institut für Intelligente Systeme in Stuttgart die Vortexkerne auch selektiv, also nur von oben nach unten oder umgekehrt. Sie verwenden dazu Magnetfeldpulse, die mal im und mal gegen den Uhrzeigersinn rotieren. So verhindern sie, dass ein Puls einen Vortexkern zunächst in die eine Richtung umklappt, ihn aber wieder zurückstellt, wenn der Puls zu lange dauert.

Das reichte den Stuttgarter Forschern aber noch nicht: Die Schaltzeiten von einigen Nanosekunden lagen zwar schon im Bereich der derzeit schnellsten Speichersysteme, doch suchten die Wissenschaftler nach grundlegend schnelleren Umschaltprozessen.

Mit dem Röntgenmikroskop Maxymus, das hier am Berliner Speicherring Bessy II eingebaut wird, verfolgt das Team von Gisela Schütz in extremen Zeitlupenfilmen, wie sich die magnetische Struktur in einem Material auf der Nanometerskala ändert. © MPI für Metallforschung

Röntgenmikroskop Maxymus im Einsatz

Mithilfe des neuartigen Röntgenmikroskops Maxymus der Max-Planck-Gesellschaft am Berliner Speicherring Bessy II gelang ihnen kürzlich mit Kollegen aus Regensburg und Gent eine weitere bahnbrechende Entdeckung. Mit diesem Instrument ist es möglich, Bilder der magnetischen Struktur der Permalloy-Plättchen mit einer räumlichen Auflösung von 20 Nanometern und in zeitlichem Abstand von 30 Pikosekunden zu schießen, also einen extremen Zeitlupenfilm aufzunehmen.

So fand Matthias Kammerer im Rahmen seiner Doktorarbeit einen Schaltmechanismus für die Kerne, der nur noch 240 Pikosekunden oder 0,24 Nanosekunden dauert, also über 20-mal schneller wirkt als der 2006 entdeckte. Und er lässt sich noch weiter beschleunigen, wie die Forschergruppe in theoretischen Rechnungen festgestellt hat. „Es wird möglich sein, die Umschaltzeit deutlich unter 100 Pikosekunden zu drücken“, meint Hermann Stoll.

Magnetfeldpuls sorgt für Spinwellen

In dem neuen Mechanismus führt ein Magnetfeldpuls zu Spinwellen, also sich wellenförmig ausbreitenden Fluktuationen der Magnetisierung des Materials. Letztlich bilden sich dank dieser Anregungen wieder zwei zusätzliche Magnetfeldnadeln, die in umgekehrter Richtung zum ursprünglichen Vortexkern stehen. Eine der beiden neuen Magnetfeldnadeln und die ursprüngliche lösen sich dann wieder buchstäblich in nichts auf.

Der Vortexkern bewegt sich dabei innerhalb eines Radius von weniger als 20 Nanometern, also so gut wie nicht von der Mitte des Plättchens weg. Daher lassen sich die Vortexstrukturen vielleicht auf bis 50 Nanometer Durchmesser verkleinern, wenn die Entwicklung geeigneter Materialien weiter voranschreitet. Das macht sie in puncto Speicherdichte konkurrenzfähig, auch wenn sie prinzipiell nicht so klein werden können wie etwa die Eiseninseln, die Ingrid Mertig untersucht.

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Engmaschiges Gitter aus gekreuzten Leiterbahnen

Der wesentliche Vorteil der Vortexkerne sei jedoch die Schnelligkeit des Schaltvorgangs, sagt Gisela Schütz. „Ein technisch bedeutender Aspekt ist auch, dass sich die Vortexkerne mit Mikrowellenpulsen umschalten lassen, was mit der heute weit ausgereiften Hochfrequenztechnik einfach realisiert werden kann.“ Punktgenau adressieren lassen sich die Vortexkerne mit äußerst geringer Leistung durch ein extrem engmaschiges Gitter aus gekreuzten Leiterbahnen, in dem an jedem Kreuzungspunkt ein Magnetfeld erzeugt wird.

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Christian Meier / MaxPlanckForschung
Stand: 19.10.2011

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