Für diese unfreiwillige Diät der Bakterien können wir eigentlich nur dankbar sein. Denn würde auch der stabile Teil des gelösten organischen Materials gefressen und der darin gebundene Kohlenstoff freigesetzt werden, könnte das den Kohlendioxidgehalt der Atmosphäre locker verdoppeln – mit entsprechend katastrophalen Folgen für das Klima.
Aber auch der umgekehrte Fall ist denkbar: Wenn die Bakterien plötzlich einen Teil ihrer Nahrung verweigern, würde sich gelöstes organisches Material im Ozean auf Kosten des atmosphärischen Kohlendioxids anreichern. Eine Steigerung des gelösten organischen Materials von heute einem Milligramm auf 1,5 Milligramm pro Liter würde den atmosphärischen Kohlendioxidgehalt halbieren und auf das Niveau der letzten Eiszeit absenken – und damit für eine ziemlich kühle Brise sorgen.
Schneeball Erde ade
Vor 600 Millionen Jahren haben die Bakterien möglicherweise schon einmal einen Anstieg des Kohlendioxids in der Atmosphäre ausgelöst: Damals glich die Erde einem riesigen Schneeball, die globale Durchschnittstemperatur lag weit unter dem heutigen Wert, und die Ozeane waren weitgehend zugefroren. Einer – allerdings nicht ganz unumstrittenen – Hypothese zufolge kam vermehrt Sauerstoff in die Meere, sodass es den Bakterien gelang, gelöstes organisches Material abzubauen. Das dadurch freigesetzte Kohlendioxid entwich in die Atmosphäre und löste einen Treibhauseffekt aus.
Fressverhalten beeinflusst Klima
Was immer die globale Erwärmung damals bewirkt haben mag, das Fressverhalten der Bakterien im Meer besitzt das Potenzial, das Klima zu beeinflussen. Kein Wunder also, dass gelöstes organisches Material neuerdings in Verbindung mit Geo-Engineering genannt wird. Beim Geo-Engineering greift der Mensch in natürliche Kreisläufe ein, um den Klimawandel zu bremsen.
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Könnte man – so die Theorie – die Bakterien dazu bringen, einen Teil ihrer Nahrung links liegen zu lassen, so ließen sich der Kohlendioxidgehalt der Atmosphäre senken und der Treibhauseffekt reduzieren. Thorsten Dittmar vom Max-Planck-Institut für marine Mikrobiologie in Bremen ist allerdings skeptisch: „Bevor der Mensch natürliche Prozesse manipuliert, sollte er sie erst mal bis ins Detail verstehen. Ohne dieses Wissen lassen sich die Auswirkungen eines solchen Eingriffs nicht einmal annähernd abschätzen.“
Nils Ehrenberg / MaxPlanckForschung
Stand: 26.08.2011