Was würde geschehen, wenn ich hinter einem Lichtstrahl hereilen und ihn schließlich einholen würde? Möglicherweise ist diese Frage schon vielen durch den Kopf geschossen, aber vermutlich haben sich nur die wenigsten ernsthaft damit beschäftigt. Einstein war einer davon. Und er stellte das physikalische Weltbild auf den Kopf.
Damit war er nicht der erste. Schon Galilei und Newton brachen mit bestehenden Regeln. Aristoteles hatte einst verkündet, ein schwerer Körper falle schneller als ein leichter. Da der natürliche Zustand eines beliebigen Körpers die Ruhe sei, sei die Triebkraft eines schweren Körpers, auf die Erde zu fallen, wesentlich größer als die eines leichten.
Galilei widerlegt Aristoteles
Diese Vorstellung verschieden schnell fallender Körper hielt sich beinahe zweitausend Jahre – bis Galilei schließlich auf die Idee kam, diese Vermutung experimentell nachzuprüfen. Dabei stellte er dann fest, dass (mal abgesehen von extremen Beispielen wie Blei und Feder, wo der Luftwiderstand eine beträchtliche Rolle spielt) die Geschwindigkeit fallender Körper in gleichem Maße zunimmt. Unabhängig von ihrem Gewicht.
Newton und der Apfel
Auf dieser Grundlage entwickelte Newton seine berühmten Bewegungsgesetze, bei deren Entstehung der Legende nach ein fallender Apfel eine nicht unbeträchtliche Rolle gespielt haben soll. Im Gegensatz zu Aristoteles nahm Newton nicht den Ruhezustand als den natürlichen Zustand eines Körpers an, sondern eine gleichförmige Bewegung. Die Wirkung einer Kraft auf den Körper setzt diesen also nicht erst in Bewegung (Aristoteles), sondern verändert vielmehr seine Geschwindigkeit. Eine starke Kraft beschleunigt den Körper demnach mehr als eine schwächere. Ebenso benötigt ein schwerer Körper eine stärkere Kraft, um auf eine bestimmte Geschwindigkeit gebracht zu werden, als ein leichter Körper.
Newtons Gesetze bedingen somit, dass es keinen absoluten und eindeutigen Ruhepunkt gibt. Wirft jemand etwa in einem fahrenden Auto einen Ball hoch und fängt ihn wieder, so gehorcht der Ball den Newtonschen Gesetzen genauso, als wenn er außerhalb des Autos am Straßenrand geworfen worden wäre. Für den Beobachter im Auto könnte es daher so aussehen, als bewege sich der am Straßenrand stehende von ihm fort, während er selber den Ball an einer Stelle werfe.
Wenn es aber keinen absoluten Ruhepunkt gibt, so hat ein Ereignis (wie beispielsweise der Wurf des Balls) keine absolute Position im Raum. Je nachdem, ob sich der Beobachter im Auto oder außerhalb befindet, wäre die Position des Ereignisses verschieden. Newton selber behagte diese Vorstellung gar nicht. Das Fehlen eines absoluten Raumes oder Ortes widersprach seiner Vorstellung von Gott. Als einzige Konstante blieb nun noch die Zeit.
Das Licht nach Maxwell
Als Maxwell 1865 seine Theorie zur Ausbreitung des Lichtes formulierte, stand man zunächst vor einem Problem. Nach Maxwell besteht Licht aus Wellen bestimmter Wellenlänge. Rotes Licht hat demnach stets die gleiche Wellenlänge und bewegt sich mit konstanter Geschwindigkeit fort. Nach Newton musste aber ein Bezugspunkt gefunden werden, zu dem sich das Licht gleichbleibend bewegt, denn den absoluten Ruhepunkt gab es ja nun nicht mehr. So entstand die Vorstellung des „Äther“, der den gesamten „leeren“ Raum erfüllt. Die Lichtwellen bewegen sich demnach mit einer Geschwindigkeit relativ zum Äther fort, ähnlich wie Schallwellen in der Luft.
Einstein verändert alles
Doch dann erschien 1905 ein Aufsatz, der alles veränderte. Albert Einstein, Angestellter eines Patentamtes und Verfasser des Aufsatzes, schaffte den Äther kurzerhand ab. Mehr noch: Er nahm die Lichtgeschwindigkeit als Konstante, die unveränderlich ist. Raum und Zeit dagegen waren auf einmal veränderlich und nur noch relativ zur Lichtgeschwindigkeit zu sehen. Auf einmal war in der Physik nichts mehr wie früher.
Stand: 22.03.2001