In den letzten Jahrzehnten haben Wissenschaftler fast überall auf der Welt größere Erdrutsche registriert. Viele davon waren harmlos, spielten sie sich doch in unbewohnten Regionen ab, andere aber hatten katastrophale Folgen für Mensch und Natur.
1962/1970 – Peru, Huascaran
Vom Gipfelgletscher des nördlich von Lima gelegenen 6.768 Meter hohen Huascaran lösen sich am 10. Januar 1962 rund drei Millionen Kubikmeter Eis und Schnee. Nach fast 1.000 Metern freiem Fall trifft die gewaltige Masse auf den Untergrund und wird zu einer Schnee- und Schlammlawine mit einem Volumen von fast 13 Millionen Kubikmetern. Sie zerstört die im Tal gelegene Stadt Ranrahica und sechs weitere Dörfer. 4.000 Menschen werden getötet. Im Mai 1970 wiederholt sich das Ereignis, als ein Erdbeben die Region heimsucht. Mit 200 Kilometern pro Stunde rasen Schnee- und Erdmassen über zwei Städte und mehrere Dörfer hinweg, wieder sterben mehrere tausend Menschen.
1963 – Italien, Vajont-Tal
1963 sterben im Vajont-Tal in den italienischen Alpen 2.500 Menschen an den Folgen eines Erdrutsches. In der Nacht zum 9. Oktober kommt der gesamte südliche Hang des Tals ins Rutschen.
In Sekundenschnelle rast der Erdrutsch in einen gewaltigen Stausee. Eine verheerende, 70 Meter hohe Flutwelle ist die Folge. Mehrere Dörfer werden überschwemmt, die meisten Einwohner kommen in den Fluten um.
1982 – USA, Pacifica
1982 sorgen schwere Stürme in vielen Orten Kalifornien für Erdrutsche und Schlammströme. Zahlreiche Tote und gewaltige Schäden sind zu beklagen. Am Oddstad Boulevard in Pacifica, einem Ort mit knapp 40.000 Einwohnern südlich von San Francisco, kommt es dabei zu einer besonderen Katastrophe.
Ein Gemisch aus Erde, Wasser und Steinen mit der Konsistenz von feuchtem Beton fließt einen Hang herunter, dringt in einen Vorort ein und zerstört zwei Häuser. Drei kleine Kinder sitzen in den Trümmern der Häuser in der Falle. Retter graben sich mehr als 30 Stunden lang durch die Überreste in der Hoffnung, dass die Kinder in einer Luftblase überlebt haben. Doch jede Hilfe kommt zu spät.
1985 – Kolumbien, Nevado del Ruiz
20 Millionen Kubikmeter heiße Asche und Gestein werden bei der Explosion des Feuerbergs Nevado del Ruiz in Kolumbien im Jahr 1985 ausgeworfen. Das vulkanische Material und die Wolken vebreiten sich über den schneebedeckten Gletscher und lassen große Mengen davon abtauen. Eine explosive Mischung aus heißer Lava, Asche, geschmolzenem Schnee und Schlamm entsteht und bahnt sich seinen Weg Richtung Tal.
Knapp zweieinhalb Stunden nach dem Ausbruch erreicht eine dieser Lahars die 74 Kilometer vom Explosionskrater entfernt gelegene Stadt Armero und begräbt sie unter einer dicken Schlamm- und Geröllschicht. Fast alle Einwohner der Stadt – 23.000 Menschen – kommen bei dieser Katastrophe ums Leben.
1987 – Italien, Adda-Tal
Schwere Unwetter mit extremen Niederschlägen verursachen im Sommer 1987 im gesamten Alpengebiet Überschwemmungen, Erdrutsche und Geröll-Lawinen. Im oberen Tal der Adda (Veltlin) kommt es zu einer der gewaltigsten geologischen Katastrophen dieses Jahrhunderts in den Alpen. Am 28. Juli 1987 stürzt eine Gesteinsmase von rund 40 Millionen Kubikmetern mehr als tausend Meter in die Tiefe und verteilt sich über die Talsohle.
Der mit einer Geschwindigkeit von 400 Kilometern pro Stunde niedergehende Bergsturz ist von einer orkanartigen Druckwelle begleitet, der Wälder und Kirchtürme knickt wie Streichhölzer. Die Adda staut sich zu einem gewaltigen See auf, der unterhalb gelegene Orte zu überfluten droht. 20.000 Menschen werden blitzartig evakuiert, das Wasser nach und nach mit Pumpen abgeleitet. Die einzigen Opfer sind schließlich acht Menschen, die sich geweigert hatten, ihre Häuser zu verlassen.
1991/1995 – Philippinen, Mount Pinatubo
Einer der stärksten Vulkanausbrüche des 20. Jahrhunderts erschüttert 1991 die philippinische Insel Luzon. Sieben Kubikkilometer vulkanisches Material stößt der Mount Pinatubo zwischen dem 12. und 15. Juni aus. 20 Kilometer hoch ist die Aschewolke über dem Krater, die noch in der weit entfernt gelegenen Hauptstadt Manila beobachtet werden kann. Nach einem verheerenden Wolkenbruch rasen gewaltige Lahars aus Asche, Schlamm und Geröll die Vulkanflanken hinab. Sie verwüsten ganze Landstriche, stauen Flüsse und begraben Ortschaften unter sich. Zahllose Menschen kommen dabei ums Leben.
Vier Jahre später wiederholt sich die Katastrophe. Bei einer Schlammlawine nach dem Taifun „Mameng“ werden tausend Menschen getötet, als die Lahar-Welle den Ortsteil Carbalantian der philippinischen Stadt Bacolor überschwemmt und zerstört. Aber der Schrecken ist noch nicht zu Ende. Wissenschaftler gehen heute davon aus, dass mindestens bis zum Jahr 2005 bei starken Regenfällen immer wieder Lahars als Folge des 91er Ausbruchs auftreten werden.
1994 – Indonesien, Merapi
Im Jahr 1994 geht nach dem Ausbruch des Merapi-Vulkans auf Java eine glühendheiße Lawine aus Lava, Schlamm und Geröll ab und dringt in kürzester Zeit mehr als sieben Kilometer weit ins Boyong-Tal vor. Ungefähr 100 Menschen werden von dem Lahar überrollt und getötet.
Die Katastrophe ist kein Einzelfall. Die Dörfer an den Hängen des Feuerbergs reichen bis auf eine Höhe von 1.500 Metern. Neben den eigentlichen Eruptionen fordern solche Lahars immer wieder zahlreiche Menschenleben unter den Bewohnern.
1998 – Nicaragua, Casitas
In einer sieben Kilometer breiten Schlammlawine löst sich der Kraterrand des Vulkans Casitas im Nordwesten Nicaraguas und begräbt fünf Dörfer unter sich. Auf seinem 16 Kilometer langem Weg ins Tal reisst der Erdrutsch, der durch die starken Regenfälle im Gefolge des Hurrikans „Mitch“ ausgelöst wurde, tausende von Menschen mit sich, mindestens 7.000 Bewohner der Region sterben.
1999 – Mexiko, Tezuitlan
Im Zusammenhang mit der schlimmsten Hochwasserkatastrophe seit Menschengedenken kommt es in vielen Landesteilen auch zu zahlreichen Erdrutschen. Mehrere Dörfer werden nach starken Regenfällen von Erd- und Gesteinsmassen begraben.
Allein im Ort Tezuitlan zerstört das Abrutschen eines Hangs mindestens 50 Häuser, mehrere hundert Menschen werden getötet. Im Bergdorf Mixun verschluckt der Berg sogar fast die halbe Stadt. Im Schulgebäude sind 40 Menschen verschüttet. Dorfbewohner versuchen mit Spaten oder blanken Händen die Erdmassen zur Seite zu schaffen. Nur wenige der Verschütteten können lebend geborgen werden.
2000 – Italien/Schweiz, Alpen
Tagelange Unwettern führen im Oktober 2000 im Alpenraum zu verheerenden Flut- und Erdrutschkatastrophen. Besonders schwer betroffen sind das italienische Aosta-Tal und Schweizer Kanton Wallis.
Im eidgenössischen Bergdorf Gondo reisst eine Schlamm- und Schuttlawine mindestens acht Häuser mit und begräbt einige Bewohner unter sich. Mehrere Menschen können nur noch tot aus den Trümmern geborgen werden.
Stand: 23.01.2001