Physik

Geboren aus Quarks und Gluonen

Am Anfang war das Plasma

Am »Little Big Bang« waren Institute aus insgesamt 20 Ländern beteiligt. Darunter auch Wissenschaftler des Münchner Max-Planck-Instituts für Physik. Mehr als 1000 Spuren – 99,9 Prozent stammten von Hadronen – konnten sie mit ihrem 13 Meter langen NA49-Spektrometer analysieren.

Kollisionen im Teilchenbeschleuniger © Imageobserver

Diese Bahnen müssen auf weniger als einen Millimeter genau vermessen werden, um indirekt Aussagen über die extreme Dichte und Temperatur der Kollision zu machen. »Unsere Experiment konnte besonders viele Teilchen und deren Spuren identifizieren, die bei der Hadronisierung entstanden sind «, sagt Peter Seyboth Leiter des NA49-Team. »Auch gelang es uns, mit NA49 die Ausdehnung des Feuerballs, die in ihm herrschende Temperatur und Energiedichte sowie die Dynamik der Ausbreitung zu messen.«

Ein wichtiges Indiz, das auf ein freies Quark-Gluonen-Plasma hinwies, war der hohe Anteil an »seltsamen« Quarkteilchen, den sogenannten strange-Quarks. Im Vergleich zu gewöhnlichen Kollisionen, die Physiker in ihren Teilchenbeschleunigern beobachten, stieg die Menge an strange-Quarks um über 100 Prozent. Dies wird nur erwartet, wenn sich Quarks und Gluonen zumindest kurzfristig in einer Suppe vermengen konnten.

Ein anderes wichtiges Indiz für das Quark-Gluonen-Plasma ist der geringe Anteil an sogenannte J-psi-Teilchen. J-psi-Teilchen sind schwere Mesonen, die aus einem charm-Quark und einem charm-Antiquark bestehen und hauptsächlich in der ersten Stufe nach einer Kernkollision entstehen. Da aber das Quark-Gluonen-Plasma die Wucht der Bleiionen wie eine Art Stoßdämpfer abfing, konnten sich durch die Kollision nur wenig J-psi-Teilchen bilden.

Nicht messen konnten die Forscher das typische »Quark-Licht«, eine hochenergetische Gammastrahlung. »Noch war das Quark-Gluonen-Plasma zu kurz, um auch die erwartete harte Gammastrahlung aus dem Feuerball zu messen«, sagt Seyboth, »dafür benötigen wir ein Plasma, das mindestens fünfmal länger bestehen bleibt, als es im Februar der Fall war.« Beim Cern hoffen die Physiker auf den Large Hadron Collider LHC, der ab dem Jahr 2005 in Betrieb geht. Mit dem neuen Beschleuniger sind Crashs möglich, die das Quark-Gluonen-Plasma fünf- bis zehnmal länger aufrecht erhalten.

Nicht so lange müssen die Physiker auf den amerikanischen Schwerionen-Beschleuniger RHIC (Relativistic Heavy Ion Collider) in Brookhaven warten – statt Blei jagen die US-Amerikaner Goldionen aufeinander. RHIC hat bereits seine Testphase hinter sich und soll noch dieses Jahr sein volle Leistung bringen, die dann Energien erlaubt, die jene des »Little Big Bang« vom Cern um den Faktor zehn übersteigen. Nicht alle sehen die Entwicklung der neuen Beschleuniger sorglos entgegen, vor kurzem machten der exzentrische Physiker David Melville damit Schlagzeilen, dass durch einen »Little Big Bang« unsere ganzes Universum in Gefahr ist.

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Stand: 28.07.2000

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Inhalt des Dossiers

Little Big Bang
Spielen Teilchenphysiker mit unserem Universum?

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