Zoologie

Genetisches Spurenlesen

Blutegel-Methode könnte Bestands-Ermittlungen revolutionieren

Das genetische Spurenlesen verspricht eine ähnliche Revolution in der Bestandsermittlung von Tierarten wie die Kamerafallentechnik, die diskret und automatisiert reihenweise Fotos von Wildtieren liefert. Zumindest für Tropen und Subtropen, wo die lästigen Gürtelwürmer in der Natur omnipräsent sind, ist der Egel als Detektiv wie geschaffen. Blutegel docken sich an fast allem an, was durch Wald und Wiese wandert, selbst Vögel verschmähen sie als Wirt nicht.

DNA-Isolierung im Labor. Geliefert wird sie von Blutegeln. © Frater

Für die Tropen optimal

„Blutegel gibt es in den Tropenwäldern in Hülle und Fülle“, sagt Anh Le Thuy. „Wir konnten auf diese Weise bedrohte Arten nachweisen, wo andere Methoden nicht erfolgreich waren.“ Zudem brauchen Wildhüter keine großen Kenntnisse, um die Tiere für die Forschung zu sammeln, betont die Forstwissenschaftlerin. Nachteilig sei, dass die Egel sich in den Sommermonaten in Vietnam rar machten.

Die Analyse bei der Fahndung nach dem Saola erfolgt aus Kostengründen in zwei Stufen: Zunächst werden alle Proben verschiedener Fundorte gemeinsam auf Saola-DNA untersucht. Findet sich eine Spur, wird in einem zweiten Schritt analysiert, um welche einzelne Probe es sich handelt – die dann einem bestimmten Fundort zugeordnet werden kann. „Unsere Schätzung geht von allerhöchstens 200 Tieren aus“, sagt Van Ngoc Thinh, Direktor des WWF Vietnam. Vielleicht sind es auch nur ein paar Dutzend.

Der Kouprey wurde seit 1982 nicht mehr gesichtet. © Dfoidl / CC-by-sa 3.0

Hilfreich auch bei anderen „Phantomen“

Die Artenschützer erhoffen sich nebenbei auch Aufschluss über andere Tierbestände. „Wir könnten mit der Methode auch Tiger, Leopard oder Bären nachweisen. Oder auch den Kouprey“, fügt Van Ngoc Thinh hinzu. Der massige Kouprey, ein 1982 zuletzt gesichtetes Wildrind, gilt als der Heilige Gral unter den in Südostasien forschenden Zoologen. Vermutlich ist er jedoch ausgestorben.

Analysieren ließ der WWF die Blutegel-Proben vom Kunming Institute of Zoology in der chinesischen Provinz Yunnan und dem Deutschen Primatenzentrum (DPZ) in Göttingen. In öffentlich zugänglichen Datenbanken finden sich die DNA-Sequenzen von so ziemlich jeder Tierart. „Wir würden aus den vietnamesischen Blutegel-Proben praktisch jedes Tier herausfinden“, sagt DPZ-Genetiker Christian Roos. Maximal drei Monate hält sich Fremd-DNA im Magen des Egels. „In den ersten zwei Wochen sind es noch 90 Prozent“, so Roos, „nach drei Monaten nur noch zwei bis fünf Prozent“. Genug Zeit, um die trägen Egel aufzulesen und nach Göttingen oder Kunming zu transportieren.

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Kai Althoetmar
Stand: 25.07.2014

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In den Schlagzeilen

Inhalt des Dossiers

Volkszählung mit Vampir
Wie neue Techniken die Feldforschung in der Zoologie revolutionieren

Kamerafallen für die "Phantome"
Das Problem beim Zählen scheuer Raubkatzen

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Wanderung der Raubkatzen verfälscht das Ergebnis

"Wissen noch immer dürftig"
Echte Raubkatzenzahlen sind unbekannt

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Warum Blutsauger beim Tierezählen helfen können

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