Ökologie

Eingewanderte Neulinge

Waschbär und Marderhund erobern sich Lebensräume

Die Verschwundenen und fast Ausgestorbenen kehren zurück – aber auch einige Neuzugänge gibt es unter den heimischen Raubtieren. Sogenannte Neozoen sind Tiere, die in ein Gebiet einwandern, in dem sie zuvor nicht verbreitet waren.

Zuwanderer aus Nordamerika und Ostasien

Waschbär auf dem Dach eines Wohnhauses in Nordhessen © Carsten Volkwein / (CC BY-SA 2.5)

Ein in Deutschland notorisch bekannter Zuwanderer dieser Art ist der Waschbär. Er war ursprünglich nur in Nordamerika zuhause. In den 1930er Jahren sollte er auch in Deutschland als Pelztier und Jagdbeute dienen. In der Nähe des Edersees setzte man darum im Jahr 1934 eine Gruppe von nur vier Tieren aus – und ohne natürliche Feinde fassten sie schnell Fuß und vermehrten sich rasend schnell. Einige weitere Bären entkamen zum Ende des zweiten Weltkrieges aus einem zerstörten Zuchtgehege in der Nähe von Berlin. In den 1970er Jahren gab es in Deutschland bereits geschätzte zwanzigtausend Waschbären, heute dürften es mehrere hunderttausend sein.

Rein äußerlich ähnlich, aber nicht mit dem Waschbär verwandt, ist der Marderhund. Trotz seines Aussehens gehört er nicht zu den Bären, sondern ist näher mit dem Hund verwandt. Sein eigentlicher Lebensraum liegt in Ostasien: Ursprünglich stammt er aus Sibirien, Japan und China. Pelzzüchter brachten den Marderhund um 1920 in den europäischen Teil Russlands – sein Fell ist auch heute noch als Schmuckpelz verbreitet. Von Russland aus verbreitete er sich immer weiter und kam über Polen schließlich auch nach Deutschland. Seit den 1960er Jahren ist er hier vor allem in Ostdeutschland und Niedersachsen heimisch, stößt aber immer weiter nach Westen vor.

Marderhund im Zoo in Ueckermünde © Piotr Kuczynski / (CC BY-SA 3.0)

Die eingewanderten Neulinge sind jedoch keine reine Freude: Während sie zwar sicherlich zum heimischen Artenreichtum beitragen, besteht auch die Gefahr, dass sie sich unkontrolliert stark vermehren. Damit können sie das existierende ökologische Gleichgewicht in Gefahr bringen. Hinzu kommt, dass gerade Waschbären sich gern an Mülltonnen bedienen. Mitunter brechen sie auf der Suche nach Futter sogar regelrecht in Häuser ein – Regenrinnen und rankende Pflanzen dienen ihnen als Zugang in höhere Stockwerke. Durch offene Dachfenster gelangen die kletternden Bären in Dachböden, wo sie sich gern häuslich niederlassen – und wenn kein Fenster geöffnet ist, heben sie auch schonmal Dachziegel an, um darunter zu klettern.

Ein Neozoon kommt selten allein

So enger Kontakt mit dem Menschen bringt weitere Unannehmlichkeiten, denn die Neozooen kommen nicht allein – Parasiten und Krankheitserreger sind häufige Begleiter. Der Waschbär etwa ist Wirt des Waschbär-Spulwurms. Waschbären nutzen bestimmte Orte als Latrinen – und niemand möchte so einen Platz gern auf dem Dachboden haben. Dort gilt besondere Vorsicht, denn größere Mengen der Wurm-Eier aus dem Waschbär-Kot können auch beim Menschen eine Infektion als Fehlwirt hervorrufen.

Der Marderhund ist ein bekannter Überträger des Fuchsbandwurms, der beim Menschen sogar Leberversagen verursachen kann. Diese Einwanderer können außerdem Tollwut übertragen. Der letzte bekannte Fall von Tollwut bei einem heimischen Wildtier liegt allerdings schon mehrere Jahre zurück. Die landgebundene Tollwut – im Gegensatz zur Fledermaus-Tollwut – gilt damit in Deutschland als ausgerottet.

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Ansgar Kretschmer
Stand: 04.07.2014

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In den Schlagzeilen

Inhalt des Dossiers

Die Rückkehr der Wilden
Verschwundene Tierarten siedeln sich wieder in Deutschland an

Vom Rückkehrer zum Problembären
Die schwierige Beziehung zwischen Braunbär und Mensch

Luchs und Wildkatze
Rückkehr auf Katzenpfoten

Seehund und Kegelrobbe
Räuberische Meeressäuger an deutschen Küsten

Elchtest: Lebensraum für Großhirsche?
Die weltgrößte Hirschart hat Verkehrsprobleme

Der Uhu – Rettung im letzten Moment
Erfolgsgeschichte des deutschen Artenschutzes

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