Elektrische Geräte im Alltag, Weltreisen im Rekordtempo und Unterseeboote, die monatelang auf See blieben – für seine Leser, die die Romane größtenteils noch bei Kerzenschein oder unter Gaslampen lasen, war die Welt, die Jules Verne ihnen präsentierte, exotisch und visionär. Doch Jules Verne extrapolierte zwar in seinen Romanen technische Entwicklungen, aber er verlegte die Handlung nicht in die Zukunft.
Mit einem Fuß in der Wirklichkeit
Ganz im Trend der zeitgenössischen Schule um den Schriftsteller und Journalisten Emile Zola war er darauf bedacht, seinen Erzählungen einen realistischen Anstrich zu geben. Max Popp, der erste und bis heute einer der wichtigsten Biographen Jules Vernes schreibt 1908 über ihn: „Denn gerade das ist die Eigenart Vernes: Er gibt sich bei seinen Schlussfolgerungen nicht müßigen Spekulationen hin sondern bleibt immer auf dem Boden der Wahrheit.“
Doch während sich Zola für die sozialen Folgen des Fortschritts interessierte, nutzte Verne seine abenteuerlichen Reisen, um Wissenschaft zu popularisieren. Die Präzision und die detailgetreuen Schilderungen, mit denen er den Eindruck erweckte, er habe die Reise selbst unternommen, begeisterte auch die Literaturkritiker. Sie bescheinigten ihm, seine Beschreibungen seien „exakt und minutiös wie ein Logbuch“ und vermittelten den „absoluten Eindruck des Wirklichen“.
Zettelkasten mit wissenschaftlichen Auszügen
Das ist umso erstaunlicher, als der Autor sein Wissen meistenteils aus Büchern oder populärwissenschaftlichen Artikeln bezog. Er besaß eine Kartei mit Exzerpten, die er ständig erweiterte und die in den 1890er Jahren auf 20.000 Notizen anwuchs. Außerdem fragte er immer wieder Experten um Rat, beispielsweise seinen Bruder Paul, der Seemann war, oder den Erfinder Jacques-François Conseil. Letzterer arbeitete an einem mit Dampf betriebenen U-Boot.
Das Vorbild für die „Nautilus“, das U-Boot von Kapitän Nemo in „20.000 Meilen unter dem Meer“, war vermutlich das 1863 vom Stapel gelassene U-Boot „Le Plongeur“, das im Auftrag des französischen Kriegsministeriums gebaut worden war. Verne hatte ein Modell des Bootes 1867 bei der Pariser Weltausstellung gesehen. Allerdings waren die Versuche mit „Le Plongeur“ wieder eingestellt worden, weil es beim Tauchen nicht auf einer Höhe gehalten werden konnte und es auch noch keine unter Wasser verwendbaren Waffen gab.
Anne Hardy / Forschung Frankfurt
Stand: 11.04.2014