Doch rechnet sich der ganze Recyclingaufwand auch für die Umwelt? Um diese Frage zu beantworten, erstellen die Fraunhofer-Experten für jedes „Molecular-Sorting-Verfahren“ ein Ökobilanzmodell. Dabei leiten sie die gewonnenen Informationen in mehreren Iterationsschleifen an die Entwickler zurück. Am Ende stehen Verfahren, die nicht nur einen „Ökobilanz-Stempel“ bekommen, sondern bei denen die ökologische Analyse sogar integraler Bestandteil der Entwicklung ist.
„Die Gewinnung stofflicher Ressourcen aus Abfällen ist unter dem Gesichtspunkt der Ressourcenschonung grundsätzlich wünschenswert“, betont Koordinator Jörg Woidasky. „Allerdings muss der Aufwand in einem vernünftigen Verhältnis zum Nutzen stehen, und zwar nicht nur in ökonomischer, sondern auch in ökologischer Hinsicht.“
Die Zukunft in drei Szenarien
Aber rechnen sich die entwickelten Methoden auch wirtschaftlich auf den „Märkten von Übermorgen“? Mit dieser Frage haben sich Wissenschaftler des Fraunhofer-Instituts für System- und Innovationsforschung ISI in Karlsruhe befasst, in einem sogenannten „Foresight-Prozess“. Dabei legten sie drei Modell-Szenarien zugrunde: erstens eine „grüne neue Welt“ mit umweltfreundlichen und recycling-orientierten Stoffkreisläufen. Als zweites Szenario betrachteten sie das Gegenteil davon: eine „nach uns die Sintflut“-Wirtschaft und als letztes eine mittlere Variante, die von einem System wie dem heutigen ausgeht – „Business as usual“. Das Ergebnis: Trotz der unterschiedlichen Prinzipien setzten sich die neuen Recycling-Technologien meist in mehreren Szenarien durch und wurden nachgefragt.
Nach Ansicht der Forscher sind neue und effiziente Recyclingverfahren eine Möglichkeit, sich unabhängiger zu machen vom Import teurer und knapper Rohstoffe. Eine weitere Strategie ist die Substitution, sprich der Ersatz durch alternative Werkstoffe. Auch daran arbeiteten bereits zahlreiche Fraunhofer-Institute. So lassen sich zum Beispiel nachwachsende Rohstoffe anstelle von Erdöl nutzen, um Kunststoffe und Chemikalien herzustellen.
„Die Orientierung auf eine möglichst vollständige Kreislaufführung von Rohstoffen, die Substitution knapper Ressourcen und die Nutzung erneuerbarer Energien eröffnen neue Chancen für unternehmerisches Handeln“, betont der Präsident der Fraunhofer-Gesellschaft, Reimund Neugebauer. „Das hilft, den Wirtschaftsstandort Deutschland zu stärken.“
Fraunhofer Magazin / Birgit Niesing
Stand: 10.05.2013