Vom Feld zum Teller und wieder zurück. Der Weg und die Herkunft unserer Lebensmittel sollen klar nachweisbar und zurückzuverfolgen sein. Das fordert zumindest das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) auf seiner Internetseite. Dazu gehört auch, dass der Hersteller genau kennzeichnen muss, welche Bestandteile eines zubereiteten Lebensmittels gentechnisch verändert sind. Wie verlässlich und genau ähnliche Angaben bisher waren, haben allerdings mehrere Lebensmittelskandale in den letzten Jahren gezeigt.
Klare Regeln?!
Doch bei der Gentechnik gibt es auf den ersten Blick scheinbar klare und einfache Regeln: Alle Produkte müssen den Vermerk „genetisch verändert“ oder „aus genetisch verändertem z.B. Mais“ tragen. Alle? Nicht ganz: Jene Inhaltsstoffe die unter einer Anteilsgrenze von 0,9 Prozent des Gesamtproduktes liegen, sind nicht kennzeichnungspflichtig. Allerdings ist laut Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) nachzuweisen, dass es sich hierbei um „[…]nachweislich zufällige oder technisch unvermeidbare Spuren von GVOs handelt, die beim Anbau, Transport oder während der Verarbeitung in das Produkt gelangt sind.“ Das heißt, die Hersteller müssen nachweisen, dass sie alle Maßnahmen ergriffen haben, um eine Kontamination zu vermeiden.
Der Schwellenwert soll Landwirte und Hersteller konventionell produzierter Erzeugnisse davor schützen, einen Qualitätsverlust ihrer Produkte durch ungewollte Verunreinigung zu erleiden – beispielsweise durch Bestäubung einiger ihrer Pflanzen mit dem Pollen benachbarter Gentech-Gewächse oder durch Reste von Gentech-Produkten in Verarbeitungsmaschinen.
Zudem sollen die Hersteller genauere Angaben zur Art der genetischen Veränderung und zu deren Wirkung in den Produkten machen. So muss etwa explizit vermerkt werden, wenn durch gentechnische Maßnahmen zum Beispiel ein erhöhter Vitamin- oder Stärkegehalt erzeugt wurde. Auch geben die Behörden vor, dass Hersteller darauf hinweisen müssen, wenn sich das bereitgestellte Produkt anders auf die Gesundheit von Mensch und Tier auswirkt oder in ethischer oder religiöser Weise bedenklicher ist als das konventionelle Pendant. Was das im Einzelfall genau bedeutet, wird allerdings nicht gesagt.
Gänzlich von der Kennzeichnungspflicht ausgenommen sind aber transgene Organismen, die bei der Herstellung von Produkten verwendet werden. So gibt das Etikett der Hühnersuppe oder des Käses keinen Aufschluss darüber, ob die Hühner, Schweine oder Kühe mit gentechnisch verändertem Futter gefüttert wurden oder nicht. Einige Hersteller geben aber ausdrücklich auf der Packung an, dass zur Herstellung auch keine Gentech-Futtermittel verwendet wurden. Verbraucher, die den Einsatz von Gentechnik in der Lebens- und Futtermittelherstellung ablehnen, müssen sich daher direkt beim Hersteller informieren, ob ganz und gar auf Gentechnik verzichtet wird oder ob die Milchkühe beispielsweise transgenen Soja fressen.
Was auf den Teller kommt
Aber wer legt fest, was tatsächlich auf den Teller kommt und was nicht? In der EU bestimmt die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA), ob ein Produkt für den Markt zugelassen wird oder nicht. Doch das bedeutet nicht, dass Lebensmittelkommissare im Labor stehen und die Auswirkungen des Produkts auf Mensch und Tier prüfen oder es auf seine Inhaltsstoffe hin untersuchen. Wie bei Medikamenten auch, erfolgt eine solche Überprüfung durch die Behörde nur auf dem Papier. Die für eine Zulassung notwendigen Nachweise muss stattdessen der Hersteller erbringen.
Hierzu muss er „seine“ genveränderten Produkte mit herkömmlich produzierten Lebensmitteln vergleichen lassen. Dazu wird beispielsweise ein externes Labor beauftragt. Die Forscher untersuchen dann die aus der genetischen Manipulation resultierenden Veränderungen im Verhältnis zum Ausgangsorganismus. Es wird charakterisiert und beschrieben, welche Gene betroffen sind und auch welche zusätzlichen oder andersartigen Enzyme und Proteine daraus resultieren. Zudem wird eine Analyse der enthaltenen Stoffe durchgeführt, dabei stehen besonders Nährstoffe wie Kohlenhydrate, Fette, Proteine, Mineralien und Vitamine im Fokus der Experten. Doch die genveränderten Produkte werden auch auf bekannte Toxine oder Allergene hin analysiert. So soll sichergestellt werden, dass bei der Genmanipulation keine ungewollten und potenziell schädlichen Veränderungen verursacht wurden.
Entdecken die Forscher Unterschiede zwischen dem genveränderten und dem konventionellen Erzeugnis, die über die angestrebte Eigenschaft wie etwa eine Herbizidresistenz hinausgehen, so müssen laut EU-Verordnung weitere Maßnahmen eingeleitet und das Produkt weitergehend untersucht werden. Die EU-Kommission gibt dabei als Zulassungsvoraussetzung an, dass die untersuchten GVOs ebenso sicher sein müssen, wie ein herkömmliches Produkt ohne Gentechnik.
Alles ok?
Dennoch darf dies nicht darüber hinweg täuschen, dass durch die Untersuchungen längst nicht alle potenziellen Gefährdungen erfasst werden können. Studien über den Einfluss von genveränderten Futtermitteln auf die Tiergesundheit zeigen bisher widersprüchliche Ergebnisse. Und Langzeit-Untersuchungen über die Folgen solcher Produkte für Mensch, Tier und Umwelt gibt es bisher kaum.
Zudem prallen bei diesem Thema unterschiedlichste Interessen von Herstellern, Behörden und Gentechnik-Gegnern hart aufeinander. Die einen halten den Einsatz von GVOs als Nahrungs- und Futtermittel für hochgefährlich, die anderen für unumgänglich.
Kathrin Bernard
Stand: 12.04.2013