Das Wissen der babylonischen Astronomen sprach sich herum: Auf Reisen durch Mesopotamien und Kleinasien hatten auch griechische Gelehrte wie der Philosoph Thales viel vom astronomischen Wissen und den mathematischen Künsten der Mesopotamier gesammelt und übernommen. Die Planetenbezeichnungen sowie das Wissen um periodisch wiederkehrende Himmelsereignisse und einfache Winkelmesser als Messinstrumente machten sich die griechischen Philosophen so zu Nutze.
Die mathematische Herangehensweise der Babylonier übernahmen sie jedoch nicht. Diese hatte auf einem arithmetischen System der Berechnung von Finsternissen – auf Reihen und Folgen – basiert. Die antiken Griechen hingegen nahmen den Himmel als geometrisches Gefüge und nicht als die Aneinanderreihung von Ereignissen wahr.
Zudem lag die Stärke der griechischen Denker weniger in den Beobachtungen als vielmehr in der Entwicklung allumfassender Modelle und Weltbilder. Im Gegensatz zu den Babyloniern ging es ihnen nicht darum, astrologische, religiöse oder praktische Bedürfnisse zu befriedigen, indem sie am Himmel nach Vorzeichen oder Omen suchten. Die Griechen wollten stattdessen verstehen um des Verstehens Willen. Ihnen dienten die Himmelsereignisse und Ansichten vor allem dazu, ihr Weltbild zu erweitern und zu stützen. Obwohl ihr primäres Interesse nicht unbedingt der Entdeckung neuer Dinge am Himmel galt, verfeinerten sie dabei dennoch die Messmethoden und Instrumente der Babylonier. So konnten sie neue Entdeckungen mit ihrer komplexen Vorstellung des Universums verbinden.
Ein ausgeklügeltes, wenn auch falsches System
Wie sich die Griechen die Welt damals vorstellten, mag uns aus heutiger Sicht seltsam erscheinen. Für Anaximander im 7. Jahrhundert vor Christus war die Erde eine runde Scheibe und zugleich das Zentrum des Universums. Er postulierte somit als erster das geozentrische Weltbild.
{2r}
Etwa 400 Jahre nach Anaximander stießen Aristoteles und seine Zeitgenossen aber auf immer mehr Hinweise, dass die Erde doch keine Scheibe sein konnte. So schienen bei einem Schiff am Horizont immer zuerst die Mastspitzen aufzutauchen, dann erst allmählich der Rest. Sie schlossen daraus, dass die Erdoberfläche leicht gekrümmt sein müsse und entwickelten – auch anhand weiterer Überlegungen – die Theorie, dass die Erde eine Kugel ist.
Auch das Bild vom Gesamtkosmos wandelte sich über die griechische Antike hinweg: Für Philosophen wie Philolaos (ca. 470- 385 vor Christus) waren die Sterne nichts anderes als goldene Punkte, die an das Firmament geheftet waren. Das Firmament war dabei eine sich um die Erde und die Planeten sowie Mond und Sonne drehende Kugelschale – auch Sphäre genannt. Mit dieser drehten sich die Fixsterne im Laufe von 24 Stunden über die Erde hinweg. Sonne, Mond und die Planeten waren dagegen nicht an diesem Firmament, sondern an jeweils eigenen kleinen Kugelschalen innerhalb der großen befestigt. Diese drehten sich – so schien es den Griechen – ihrerseits unabhängig um die Erde. So repräsentieren die Sphären in dem Modell eine Art Umlaufbahn um die Erde.
Die Erde selbst kreiste dabei um das „Zentralfeuer“ und eine aus Harmoniegründen durch die Pythagoreer postulierte Gegenerde. Denn Harmonie spielte für die philosophische Schule der Pythagoreer eine ganz besondere Rolle. Ihr Universum war nämlich musikalisch…
Kathrin Bernard
Stand: 02.02.2013