Von den fünf Alpengletschern Bayerns – Nördlicher und Südlicher Schneeferner, Höllentalferner, Watzmanngletscher und Blaueis-, wird in 20 bis 30 Jahren nur noch einer übrig bleiben. Nur der nördliche Teil des Höllentalferners auf der Zugspitze soll, so die Prognosen der Glaziologen, erhalten bleiben. Er liegt vor Sonne geschützt in einer Senke und erhält noch relativ viel Schnee, so dass er weniger stark schrumpft als die anderen. Das ist das Ergebnis des ersten bayerischen Gletscherberichts, der im Sommer 2012 vorgestellt wurde.
Dieser Bericht verdankt seine Entstehung günstigen Umständen: Da es nur fünf bayrische Gletscher gibt, können auch detaillierte Messungen in regelmäßigen Abständen durchgeführt werden. Zudem existiert in München eine lange Tradition der Hochgebirgskartographie. Die bayerischen Gletscher wurden daher schon im 19. Jahrhundert im Detail dokumentiert. Diese Daten bilden die Grundlage für eine außergewöhnlich lange Beobachtungsreihe, die in ihrer Vollständigkeit vermutlich einzigartig ist. Seit Mitte des 20. Jahrhunderts haben Forscher alle bayerischen Gletscher in einem Abstand von etwa zehn Jahren neu kartiert. Zusammen mit historischen Daten ermöglicht dies den Glaziologen eine lückenlose Auswertung der Gletscherentwicklung in den bayerischen Alpen seit mehr als 60 Jahren.
Um 82 Prozent geschrumpft
Ihre Bilanz: In der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts – auf dem neuzeitlichen Höhepunkt ihrer Ausdehnung – umfassten die fünf bayerischen Gletscher zusammen noch etwa vier Quadratkilometer. Seitdem aber hat sich ihre Fläche beinahe kontinuierlich verringert: Um 1950 waren die Gletscher schon auf ein Viertel (1,07 Quadratkilometer) geschrumpft, und im Jahr 2009 waren noch 0,71 Quadratkilometer oder knapp 18 Prozent der ursprünglichen Fläche erhalten.
„Die Gletscher der Alpen reagieren zwar mit einer zeitlichen Verzögerung auf den rezenten Klimawandel, sind von diesem aber erheblich betroffen“, erklären die Glaziologen. Der fortschreitende Gletscherschwund über den gesamten Alpenraum wirke sich nicht nur auf das sensible ökologische Umfeld mit zum Teil spezialisierten Lebensgemeinschaften aus, sondern habe auch Folgen für den regionalen Wasserkreislauf und sei mit der Gefahr von Georisiken wie beispielsweise Felsstürzen oder Erdrutschen verbunden.
Christoph Mayer, Wilfried Hagg / Bayerische Akademie der Wissenschaften
Stand: 04.01.2013