Phänomene

Wie effektiv ist Lernen am Computer?

Ein Rattenversuch mit überraschendem Ergebnis

Bei den traditionellen Unterrichtsstrukturen sitzen Schüler und Schülerinnen gemeinsam in einem Klassenraum und schauen der Lehrerin oder dem Lehrer zu, wenn diese etwas erzählen. Man hört zu, oft schreibt und redet man mit. Nach der Schule gibt es noch Hausaufgaben. Erfahrene Lehrer und Lehrerinnen berichten heute oft, dass nach ihrem Empfinden sowohl die Aufmerksamkeitsspanne als auch das Lernvermögen der Schüler nachgelassen hat im Vergleich zu früheren Generationen. Der Nobelpreisträger Eric Kandel hat bei Nagern und anderen Tierarten gezeigt, dass eine regelmäßige Wiederholung frischer, aber auch älterer gelernter Informationen zu einer bleibenden Erinnerung führt. Was also läuft heutzutage schief?

Computerspiele, Internetsurfen und Chatten würden möglicherweise weniger mit dem in der Schule Gelernten konkurrieren, wenn digitale Medien stärker in den Unterricht einbezogen würden. © RUB

Blockieren Fernsehen und Computer die Lernkanäle?

Obwohl es Fernsehen auch früher schon gab, leben die heutigen Generationen doch zunehmend in einer digitalen Welt. Direkt nach der Schule wird nicht nur ferngesehen – Computerspiele, Internetsurfen oder Chatten kommen noch hinzu. Möglicherweise konkurrieren diese Erfahrungen mit dem, was am Morgen in der Schule gelernt und dargeboten wurde. Schließlich werden hierfür dieselben Sinnesbahnen benutzt. Pädagogen werden argumentieren, dass eine aktive Beteiligung am Schulunterricht effektiver sein sollte als das passive Lernen vor einem Computer.

Um das zu überprüfen, haben Denise Manahan-Vaughan und ihre Kollegen kürzlich eine Studie durchgeführt. Dabei verglichen sie das Lernvermögen und die synaptische Plastizität bei Nagern einmal unter Bedingungen des aktiven Lernens in anregenden Umgebungen und einmal beim passiven Lernen vor einem Computerbildschirm. Dabei beobachtete die Doktorandin Anne Kemp eine langanhaltende Änderung der synaptischen Plastizität unter beiden Lernbedingungen.

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Kein Unterschied zwischen Monitor und echter Erkundung

Das Ergebnis: Die Ratten konnten genauso gut lernen und erinnern, wenn sie die Erinnerungen durch aktives oder passives Lernen gebildet hatten. Die digitale Präsentation der Lerninhalte spielte offenbar keine Rolle. Kemp fand im Hippocampus auch dann eine Veränderung in der Kommunikation der Nervenzellen, wenn sie Ratten neue Umgebungen nur auf dem Monitor präsentierte. Damit konnte sie zum ersten Mal nachweisen, dass eine aktive Erkundung der Umgebung für diesen Lerneffekt nicht erforderlich ist.

Dieser Befund regt zumindest zu Überlegungen an, die digitalen Medien stärker in den Schulunterricht einzubeziehen; entsprechende didaktische Materialien zu entwickeln. In den meisten Schulen Deutschlands hat sich Projektarbeit mit Hilfe von digitalen Informationsquellen wie beispielsweise Wikipedia etabliert. Andere Länder sind bereits ein Stück weiter. Sie nutzen elektronische Schultafeln – über die sich Hausaufgaben täglich direkt an die Eltern schicken lassen – und statten ihre Schüler mit iPads aus. Die Devise lautet: „If you can’t beat them, join them“. Langzeitstudien sollen nun belegen, wie effektiv diese Strategien sind.

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Denise Manahan-Vaughan / RUBIN -das Wissenschaftsmagazin der RUhr-Universität Bochum
Stand: 20.04.2012

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Inhalt des Dossiers

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