Jeder, der die Ice Age-Filme gesehen hat, kennt auch Sid. Zusammen mit dem Mammut Manni und der Säbelzahnkatze Diego zieht das ebenso trottelige wie nervige Riesenfaultier durch die Eiszeitwelt Nordamerikas – und schafft es nur mit ihrer Hilfe so gerade eben zu überleben.
Obwohl die Filmfigur auf einem realen Vorbild, dem Riesenfaultier Megalonyx jeffersonii, beruht, hat Sid nur wenig gemein mit seinen „echten“ Verwandten. Diese eiszeitlichen Vettern und Kusinen der heutigen Faultiere sind bis heute nur in Teilen erforscht. Immerhin haben Paläontologen und Evolutionsforscher mittlerweile zumindest Teile der Evolutionsgeschichte der geheimnisvollen Riesenfaultiere rekonstruiert. Danach existierten ihre ersten Vertreter schon vor deutlich mehr als 30 Millionen Jahren auf der Erde.
Ihre Blütezeit erlebten die Riesenfaultiere jedoch vor allem in den letzten drei oder vier Millionen Jahren. Damals breitete sich die Tiergruppe von ihrem Ursprung in Südamerika in die Karibik und später auch nach Nordamerika aus. Dies belegen viele Fossilien, die in den letzten gut 200 Jahren ausgegraben wurden.
Georges Cuvier als Pionier
Einer der ersten weltweit, die sich näher mit den Riesenfaultieren beschäftigten, war ein französische Naturforscher:
Paris im Jahr 1796. Georges Cuvier widmet sich schon seit einiger Zeit der Anatomie von Lebewesen und untersucht sie in mühsamer Detektivarbeit auf Unterschiede und Gemeinsamkeiten hin. Der Wissenschaftler ist Anhänger der sogenannten Katastrophentheorie. Nach dieser wurde die Tier- und Pflanzenwelt mehrmals innerhalb der Erdgeschichte durch Naturereignisse wie sintflutartige Überschwemmungen vernichtet und wieder neu erschaffen.
Ein „großes Tier aus Amerika“
Über einen Mittelsmann hat Cuvier soeben Abbildungen eines ungewöhnlichen Skeletts erhalten, das ihn schon auf den ersten Blick fasziniert. Die gewaltigen Knochen sind rund zehn Jahre zuvor in Argentinien am Rio Lujan gefunden und später von dem Zoologen Juan Batista Bru de Ramon in Madrid zusammengefügt worden.
Dem erfahrenen französischen Forscher und Mitbegründer der modernen Paläontologie fallen sofort deutliche Parallelen zum Schädel- und Skelettbau der modernen Faultiere auf. Deshalb macht sich Cuvier sogleich an die erste wissenschaftliche Beschreibung des eigenartigen Lebewesens. 1796 gibt er ihm auch bereits einen Namen: Megatherium americanum. Das bedeutet so viel wie „großes Tier aus Amerika“.
Belege für vernichtete Welten
„Für Cuvier waren Fossilien wie Megatherium Belege für vorzeitliche, durch Katastrophen vernichtete Welten. Die Tiere jüngerer Perioden konnten zwar denen der älteren ähnlich sein, waren aber dennoch nicht aus diesen hervorgegangen, da sich Arten seiner Ansicht nach nicht veränderten“, schreiben Wighart von Koenigswald, emeritierter Professor der Universität Bonn und Simone Hoffmann von der Stony Brook University in New York in einem Beitrag für die Paläontologische Gesellschaft.
Dieter Lohmann
Stand: 10.02.2012