Die meisten verbinden die Bermuda-Inseln mit Urlaub, Strand und einem leuchtend grünblauem Meer. Aber fernab von Licht und Sonne hat die von Korallen gesäumte Insel noch weitaus mehr zu bieten. Denn mit mehr als 150 bekannten und noch zahllosen unerforschten Kalksteinhöhlen sind die Bermudainseln auch ein Paradies für Höhlenforscher.
Schon Anfang des 19. Jahrhunderts wurden viele dieser Höhlen entdeckt, die meisten durch puren Zufall. So sollen zwei zwölfjährigen Jungen im Jahr 1905 die Crystal Cave entdeckt haben, als sie ihren in einem Loch verschwundenen Cricketball suchten. Heute gilt die Höhle mit ihren kristallklaren Unterwassertümpeln und eindrucksvollen Ansammlungen von Stalagtiten und Stalagmiten als eine der berühmtesten Höhlen Bermudas. Aber warum gibt es gerade im Untergrund der Bermudainseln so viele unterirdische Hohlräume? Die Besonderheit liegt in der Geschichte der Inseln.
Aus Feuer geboren
Schon ihre Geburt war alles andere als unspektakulär: Der Kern der heutigen Bermudas wurde buchstäblich in Feuer geboren. Vor rund 35 Millionen Jahren brach inmitten des Atlantiks ein Unterseevulkan aus und türmte seine Lava so hoch auf, dass eine Insel entstand. Während sich anschließend der Atlantik weiter ausdehnte, blieb die Insel allein im Ozean zurück. Im Gegensatz zu vielen anderen Inseln, die einst Teil einer Landmasse waren, blieben die Bermudas bis heute isolierte „Einzelgänger“.
Im Laufe der Zeit trugen Wind und Wellen die Spitze des alten vulkanischen Kegels ab und Korallen begannen, sich an den Hängen des erodierten Unterwasserberges anzusiedeln. Seine Lage inmitten des Golfstroms verleiht Bermuda ein mildes Klima und warmes Wasser – für Korallen genau das richtige. Die Insel wurde Heimat der nördlichsten Korallenriffe der Erde. Über die Jahrmillionen wuchsen die Riffe immer weiter die Höhe und ließen gewaltige Kalksteinsockel entstehen. Dieser Kalkstein bildet bis heute den Großteil des Untergrunds der Bermudainseln.
…und von der Eiszeit geformt
Vor rund einer Million Jahren änderte sich das Klima. Die Eiszeit ließ den Meeresspiegel bis auf 100 Meter unter dem heutigen Niveau absinken. Als Folge lag fast der gesamte Kalksteinsockel der Bermudas plötzlich frei und war Regen und Wind schutzlos ausgesetzt. „Als das Süßwasser durch den porösen Kalkstein nach unten sickerte und dann seitlich Richtung Ozean abfloss, begannen sich die ersten Höhlen zu bilden“, erklärt Steve Blasco vom Geologischen Survey von Kanada. Das Wasser löste den Kalk an vielen Stellen auf und schuf so nach und nach immer größere Rinnen, Röhren und Kammern im Gestein.
Solche Prozesse sind eigentlich nichts Besonderes, sie finden noch heute in vielen Karstgebieten der Erde statt. Für die Bermudainseln war die Geschichte damit aber noch lange nicht abgeschlossen: Denn als die Eiszeit vorüber war und die Gletscher schmolzen, stieg auch der Meeresspiegel wieder. Der Atlantik eroberte sich nicht nur große Teile des Inselsockels wieder zurück, er flutete auch die meisten Höhlen. Diese Überflutung schuf erst die einzigartige, versunkene Salzwasserwelt unter den Bermudas.
Während viele der von Land aus zugänglichen Höhlen heute erkundet sind, existieren noch immer zahlreiche Gänge und Hohlräume, deren Eingang im Meer liegt und die daher bisher unentdeckt blieben. Andere Höhlen sind zwar bekannt, aber nur im oberen Teil erforscht, da die tieferliegenden, überfluteten Bereiche schwer zugänglich sind und besonderes Gerät erfordern.
Diese weißen Flecken auf der Höhlenlandkarte der Bermuda zu tilgen, war das Ziel der Expedition „Bermuda Deep Water Caves 2011: Dives of Discovery“.
Nadja Podbregar
Stand: 18.11.2011