„Ach, du lieber Augustin!“ – was wie ein beschwingtes Kinderlied daherkommt, ist in Wahrheit ein Volkslied mit einem bitteren und zugleich legendenartigen Hintergrund. „Ach, du lieber Augustin!“ erzählt von der Pest, die 1679 in Wien grassierte, und geht auf den Bänkelsänger und Sackpfeifer Marx Augustin (Wien, 1643 – 1685) zurück. Gleich mehrere Künstler hat diese Legende inspiriert. Sie besangen, wie es Augustin gelang, singend „aus dem Pestloch […] munter und heil“ zu entkommen.
Überleben in der Pestgrube
Der österreichisch-ungarische Dichter Franz Karl Ginzkey (1871 – 1963) erzählte sogar in Balladenform, wie Augustin nach einem seiner häufigen Wirtshausbesuche versehentlich in eine Pestgrube fällt und dort seinen Rausch inmitten infizierter Pesttoten ausschläft. Die Musik seines Dudelsacks am nächsten Tag habe ihn wieder zum Leben erweckt.
„Funkelnder Wein und der rechte Humor / Treibt selbst die Pest und den Tod aus dem Tor.“ Der Legende nach zählt Augustin zu den wenigen Menschen, die sich nicht infizierten und vor dem „Schwarzen Tod“ verschont blieben.
Tierkrankheit befällt auch den Menschen
Seit der letzten Pandemie, die sich aus Hongkong kommend im Jahr 1894 auf allen Kontinenten außer Europa und Australien ausbreitete, ist bekannt, dass die Pest eine typische, sich auf dem Blutweg ausbreitende Tierinfektionskrankheit ist. Sie befällt Nagetiere und andere Säugetiere. Wenn die Pest auf den Menschen übertragen wird, kann schnell eine Epidemie ausbrechen.
Auch wenn während der akuten Phase das Bakterium über Tröpfcheninfektion weitergegeben werden kann – Lungenpest -, benötigt der Erreger Yersinia pestis, ein Stäbchenbakterium der Gruppe der Enterobacteriaceae, normalerweise einen Zwischenwirt.
Flöhe als Überträger
In der Regel sind es Flöhe, die die gefährlichen Bakterien in die Blutbahn ihres Wirtes übertragen. Der Erreger wandert dann zum nächstgelegenen Lymphknoten, und es entsteht eine schmerzhafte Lymphadenitis, ein „Bubo“ – Beulen- oder Bubonenpest. Ohne antibiotische Behandlung ist die Infektion tödlich, weil die Erreger binnen weniger Tage eine Blutvergiftung auslösen können.
Im Massengrab der Pestopfer, in das Augustin fiel, müssen sich noch zahlreiche ausgehungerte Flöhe befunden haben, sodass es kaum zu glauben ist, dass er sich nicht infizierte. Doch wie könnte das vielleicht doch möglich gewesen sein?
Pestepidemien hinterließen nicht nur Opfer
Interessanterweise haben die Chronisten verschiedener Jahrhunderte davon berichtet, dass während einer Epidemie nur ein Teil der Betroffenen starb. Außerdem war eine zweite, folgende Infektionswelle meist von einer verminderten Virulenz, das heißt Gefährlichkeit, gekennzeichnet. Einige oder sogar viele Menschen scheinen immun gegen die Krankheit gewesen zu sein. Was könnte solch eine Immunität bewirkt haben?
Dr. Barbara Bramanti, Institut für Anthropologie der Universität Mainz / DFG Forschung
Stand: 10.11.2011