Die europäische Raumsonde Mars Express ist zurzeit die einzige, die nah an Phobos vorbeifliegen kann. Bisher tat sie das 156-mal und war dabei 100 bis 5.000 Kilometer von Phobos entfernt. 80 Prozent der Fläche konnten so erfasst werden. Die Bilder erreichten Auflösungen von bis zu vier Metern.
Einzigartige Daten
Allerdings scheint sich ein Teil der vom Mars abgewandten Seite von Phobos den Aufnahmen regelmäßig zu entziehen: Unter den Bedingungen der bisherigen Vorbeiflüge war sie entweder nicht im Blickfeld oder zu dunkel. Dennoch: Die Daten von Mars Express sind einzigartig. Sie liefern sowohl Stereoaufnahmen als auch Farbaufnahmen und hochauflösende Bilder und das während eines Vorbeifluges.
Regelmäßig begutachten die Planetengeodäten des DLR-Instituts für Planetenforschung die Phobos- und Deimos-Daten. Die Bilder machten es möglich, die anfangs nur grob bekannten Umlaufbahnen von Phobos und Deimos neu zu bestimmen. Die Bahnmodelle werden nun international verwendet.
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Schwankungen in der Rotation bestimmt
Dabei konnten auch Schwankungen in der Rotation von Phobos akkurat bestimmt werden. Mit Hilfe der neuen Bahndaten können Mars-Express-Vorbeiflüge an Phobos exakter geplant werden: so geschehen am 9. Januar 2011, als Phobos in Bruchteilen von Sekunden genau in der Bildmitte der Kamerasensoren erfasst wurde.
Die Planetengeodäten des DLR werten zudem die Stereobilder aus und erstellen einen Katalog von Oberflächenmerkmalen, ein sogenanntes Kontrollpunktnetz. Das bestehende Netz von Phobos konnte mit Mars-Express-Daten von 300 auf 600 Kontrollpunkte erweitert werden. Die Auflösung wurde um ein Vierfaches verbessert.
Neue hochaufgelöste Phobos-Karten
Die aus vielen Einzelbildern neu erstellten Phobos-Karten mit einer 12-Meter-Auflösung zeigen in bisher nicht vorhandener Klarheit die stark zerkraterte Oberfläche. Sehr auffällig sind die Scharen von langen Rillen auf der Oberfläche von Phobos. Stammen diese von Meteoritentreffern beziehungsweise von „Streifschüssen“? Die Gravitation dort ist fast 2.000-mal geringer als auf der Erde. Könnten Gesteinsbrocken, die beim Einschlag eines Meteoriten ausgeworfen wurden, über die Oberfläche „gehüpft“ sein und diese Furchen verursacht haben?
Phobos Grunt wartet
Einer anderen Theorie zufolge sollen die Rillen durch Auswurfmaterial eines gewaltigen Meteoriteneinschlags auf dem Mars verursacht worden sein. Es wird aber auch diskutiert, dass die Rillen von Spannungen in dem Körper herrühren und tektonischen Ursprungs sind. Die neuen Daten erlauben eine genaue Kartierung und Vermessung dieser geologischen Besonderheit.
Auch die Farbdaten der Mars-Express-Sonde werden von den DLR-Wissenschaftlern ausgewertet: In den Farbbilddaten zeigt sich das Oberflächenmaterial meist rötlich, nur am Rand von großen Kratern tritt das Untergrundmaterial leicht bläulich hervor. Die genaue Kartierung des Körpers ist nicht nur Grundlage für die geologische Interpretation der Bilder, sondern sie dient auch zur Vorbereitung einer neuen Planetenmission: Phobos Grunt.
Jürgen Oberst und Marita Wählisch / DLR-Magazin
Stand: 03.11.2011