Mehr als 1.500 Meter ragen die höchsten Gipfel des Bayerischen Waldes – der Große Arber und der Große Rachel – in den Himmel, der vorletzten Station auf unserer Stippvisite im Süden Deutschlands. Hier in unmittelbarer Nähe der deutsch-tschechischen Grenze zählen aber nicht nur Berge zu den Natur-Highlights, sondern auch die Rissloch-Wasserfälle und mehrere große Seen, die jedes Jahr hunderttausende Touristen anlocken. Bekannt ist das uralte Mittelgebirge aber auch für seinen Nationalpark, der bereits im Oktober 1970 auf einem Teil des Gebietes entstanden ist.
Eiszeiten prägten die Landschaft
Zu den wichtigsten Baumeistern der heutigen Landschaften des Bayerischen Waldes gehört neben Wind und Wasser vor allem das Eis. Denn während der verschiedenen Kaltzeiten waren zumindest die Gipfelregionen von Großer Arber und Großer Rachel wiederholt von mächtigen Gletschern bedeckt. Das Eis erreichte dabei vielerorts mehrfach eine Dicke von über 100 Metern.
Während der Warmzeiten zogen sich die Eispanzer dann wieder weit zurück und verschwanden schließlich ganz. Dieser ständige Wechsel aus Vorschieben und Rückzug der Gletscher hat die Region erst zu dem gemacht, was sie heute ist. So bildeten sich durch die ausschürfende Wirkung der Gletscher beispielweise tiefe Dellen in der Landschaft, in denen sich später Wasser sammeln konnte.
So wie am Großen und Kleinen Arbersee, wo durch die Vergletscherung während der letzten Eiszeit nicht nur die Seen selbst, sondern auch andere typische von der Eiszeit geprägte Landschaften entstanden sind. „Am weniger bekannten Kleinen Arbersee finden sich sehr gut erhaltene und differenzierbare End- und Seitenmoränen sowie eine Reihe anderer […] Sedimente, die von einem bis zu 2,6 Kilometer langen und 800 Meter breiten Gletscher geformt bzw. abgelagert wurden.“, erklären Joachim Eberle, Bernhard Eitel, Wolf Dieter Blümel und Peter Wittmann in ihrem Buch „Deutschlands Süden“.
Mensch als Landschaftsarchitekt
Nicht eiszeitlichen Ursprungs ist dagegen ein anderes Naturphänomen, für das beide Arberseen berühmt sind: Schwingrasen oder schwimmende Inseln. Bei ihrer Bildung hatte stattdessen der Mensch ganz entscheidend seine Finger im Spiel.
„Bei den schwimmenden Inseln handelt es sich um die obersten Teile eines ehemals mehrere Meter mächtigen Moores, die sich durch das Aufstauen des Sees im Jahr 1885 abgelöst haben. Seither treiben die unter Naturschutz stehenden Reste des Moores an der Oberfläche des Sees. Durch die Stauhaltung vergrößerte sich die Seefläche von 2,7 auf 9,4 Hektar“, so Eberle & Co weiter.
Lebensfeindliche Bedingungen
Die Inseln des Kleinen Arbersees sind bis zu 3,5 Meter dick und bis zu einem halben Hektar groß. Kein Wunder, dass auf ihnen sogar Bäume wachsen. Weniger lebensfreundlich ist dagegen das Gewässer selbst, das als Moorsee einen extrem-niedrigen ph-Wert aufweist. Fische gibt es gar nicht, nur manche Klein- und Kleinstorganismen können sich hier dauerhaft halten.
Dennoch sind die überstauten und heute etwa zwei Meter unter dem Seespiegel liegenden Teile des Moores den Wissenschaftlern zufolge ein wertvolles Archiv der Klima- und Umweltgeschichte der letzten 15.000 Jahre, das unter anderem mit Hilfe der Pollenanalyse aufgeschlossen werden kann.
Stand: 24.09.2010