Hunderte Meter hohe Wolkenkratzer mit gewaltigen Glasfassaden, Sprit verschlingende Nobelkarossen ohne Ende, Auspuffgase satt, von öffentlichen Verkehrsmitteln keine Spur: So präsentieren sich viele Städte in den Vereinigten Arabischen Emiraten und anderswo auf der Arabischen Halbinsel heute.
Weltkulturerbe als Vorbild
Masdar City im Emirat Abu Dhabi soll zeigen, dass es auch anders geht. Knapp 20 Kilometer von Abu Dhabi City entfernt entsteht seit 2008 eine Blaupause für die Stadt der Zukunft – CO2-frei, umweltfreundlich und trotzdem mit Wohlfühl-Ambiente. Ausgedacht hat sich die Musterstadt für rund 50.000 Menschen der englische Star-Architekt Norman Foster. Auf seinem Reißbrett entstanden bereits die Pläne bisher unter anderem auch für die Reichstagskuppel in Berlin, den „gurkenförmigen“ Hauptsitz der Swiss Re in London und den neuen Flughafen Hongkongs – unter anderem.
Angepasste und nachhaltige Stadtplanung sind das Motto der Macher um Foster und den Projektverantwortlichen auf Emiratsseite, Sultan Ahmed Al Jaber. Hochhäuser, die mit ihren Klimaanlagen Unmengen an Energie verbrauchen, wird man hier deshalb vergeblich suchen. Stattdessen ist ein Rückgriff auf traditionelle arabische Städtebautechniken wie etwa in der jeminitischen Stadt Shibam, die zum Unesco-Weltkulturerbe gehört, vorgesehen.
Das ebenso simple wie effektive Grundprinzip: Enge Straßen, in denen die nur wenige Stockwerke hohen Gebäude aneinander zu kleben scheinen – und sich gegenseitig Schatten spenden. Die Balkone sind so konzipiert, dass sie die Fenster in den darunterliegenden Etagen „verdecken“. So wollen die Architekten die unbarmherzige Wüstensonne weitgehend aus den Wohnungen und Büroräumen für 50.000 Menschen und 1.500 Firmen verbannen.
Hightech-Schirme und Sonnensegel
Auf den zahlreichen Freiluft-Plätzen sollen hochmoderne Schirme und –Segel stehen, die die Menschen beim Bummeln oder Picknicken vor der heißen Sonne schützen. Auf und zugefahren werden sie mithilfe von Solarenergie. Für weitere natürliche Kühlung sorgen zudem verschiedene Parks und zahlreiche Gärten, die harmonisch in das Stadtbild integriert sind. Vorgesehen sind zudem einige Frischluftkorridore.
Bei dem Versuch, die Hitze in den Straßen von Masdar City auf erträglichem Niveau zu halten, dürfen nach dem Willen der Planer aber auch futuristisch klingende Ideen nicht fehlen. Eine davon: in den oberen „Etagen“ der Stadt erzeugter künstlicher Sprühnebel. Die bei dessen Verdunstung auftretende Kälte soll die Luft deutlich abkühlen.
Windtürme bringen Kühlung
„Dem gleichen Zweck dienen 200 so genannte Windtürme an den Zufahrtsstraßen. Sie sehen aus wie kleine Wehrtürme mit einer großen Öffnung an der Spitze. Tagsüber schirmen sie Masdar gegen die heißen Wüstenwinde ab. Nachts fangen sie, nach Öffnung einer Klappe, die kühle Luft ein und lüften damit die Stadt“, nennt wiwo.de auf seiner Website ein weiteres markantes Merkmal im Erscheinungsbild der zukünftigen Wüstenstadt.
Energieeffizienz und erneuerbare Energien
Die Folge: Masdar City heizt sich nicht allzu sehr auf. Alle Maßnahmen zusammen genommen sollen dafür sorgen, dass es in der Retortenstadt etwa 20 bis 25°C kühler ist als etwa in Abu Dhabi City. Das verbessert nicht nur die Lebensqualität der Menschen, auch der Energiebedarf – etwa für Klimaanlagen – sinkt deutlich.
Doch Energieeffizienz ist nur eine der Säulen, die Masdar City zur ersten Ökostadt weltweit machen könnten, zu einer anderen sollen erneuerbare Energien werden. Egal ob fürs Bügeln, für den Betrieb von Klimaanlagen und Computer oder für die Industrie: der komplette Strom- und Wärmebedarf von Masdar City wird aus regenerativen Quellen gedeckt. So sieht es jedenfalls der Masterplan vor.
Stand: 27.08.2010