Null-Emissons-Stadt, auto- und müllfreie Zone, Drehscheibe für die Entwicklung und den Export von erneuerbaren Energien und grünen Technologien, dazu Aus- und Fortbildungszentrum für „Cleantech“: Die Visionen und Ziele der Regierung Abu Dhabis für Masdar City klingen ebenso verlockend wie anspruchsvoll. Doch sind sie auch realisierbar? Und wie ist der aktuelle Stand beim Bau der Ökostadt?
Infrastruktur steht
„Die grobe Infrastruktur steht: Ein Kraftwerk, diverse Demonstrationsprojekte und das neue Masdar Institute of Science and Technology, in einem der mit Abstand energieeffizientesten Gebäude überhaupt. Dessen Bau dauerte acht Monate länger als geplant, aber es steht jetzt.“, erklärte der arabische Projektleiter für Masdar City, Sultan Ahmed Al Jaber, im Juni 2010 in einem Interview mit dem Tagesspiegel.
Klingt erst einmal nicht schlecht, doch es gibt auch Indizien dafür, dass Al Jaber nur die halbe Wahrheit verkündet hat. So gaben die Macher um den Sultan Anfang 2010 bekannt, dass Masdar City nicht wie zunächst geplant 2016 sondern erst 2020 bezugsfertig sein wird. Darüber hinaus schieden zwei wichtige Direktoren aus dem Projekt aus: Khaled Awad, verantwortlich für Immobilienentwicklung, sowie Ziad Tassabehji von Masdar Energie. Angeblich auf eigen Wunsch und von langer Hand geplant.
Fehlplanungen und Geldmangel?
In der Branche gehen nach Medienberichten zudem Gerüchte um, wonach es auch Fehlplanungen wie zu ambitionierte Ziele und Probleme bei der Finanzierung von Masdar City geben haben soll. Bei einem Emirat mit derart reichlich sprudelnden Erdölquellen eigentlich nur schwer vorstellbar – trotz der weltweiten Wirtschafts- und Finanzkrise der vergangenen Jahre.
„Die hat sich natürlich ausgewirkt. Aber die Finanzkrise war die geringste meiner Sorgen. Der Masdar-City-Plan musste überholt werden, aber der Masterplan steht. Und die Erfahrungen, die wir bisher mit dem Projekt gesammelt haben, helfen uns nicht nur bei der weiteren Planung, sondern auch bei der ganz konkreten Umsetzung, deren Ergebnisse wir jetzt schon sehen. Als JFK sagte, er wolle einen Mann innerhalb von zehn Jahren zum Mond schicken, war dieser Plan auch nicht in Stein gemeißelt, er wurde immer wieder überholt.“, sagte denn auch Jaber im Tagesspiegel weiter.
Politiker sorgen für Rückenwind
Einiges an Rückenwind geben dem Projekt die medienwirksamen Stippvisiten prominenter Spitzenpolitiker vor Ort – auch aus Deutschland. So hat etwa Bundeskanzlerin Angela Merkel Ende Mai 2010 Masdar City einen Besuch abgestattet und dabei von einem „wirklich sehr ambitionierten Projekt“ gesprochen.
Der damalige Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen, Jürgen Rüttgers, war dagegen bereits im September 2009 in Masdar, um sich über die „bemerkenswerte Initiative“ zu informieren. Themen bei den Gesprächen mit al Jaber waren neben der wirtschaftlichen Zusammenarbeit bei den regenerativen Energien auch Kooperationen mit Blick auf Masdar City.
Deutschland ist mit im Spiel
Mitgereiste Vertreter nordrhein-westfälischer Firmen hatten zudem Gelegenheit, konkrete neue Projekte vorzustellen. Dabei ging es unter anderem um eine innovative Hybridtechnologie zur Elektrizitätsversorgung sowie um umweltfreundliche Verkehrs- und Transportsysteme.
Stand: 27.08.2010