Auf der Karibikinsel Barbados installieren Max-Planck-Forscher gemeinsam mit Forschern des Caribbean Institute for Meteorology and Hydrology in Barbados und der Uni in Miami gerade Fernerkundungsinstrumente. Es handelt sich dabei um Radargeräte und um eine Art Lichtradar, der mit Laserstrahlen arbeitet. Sie sollen die vom offenen Ozeankommenden Wolken ins Visier nehmen.
„Die Daten werden uns helfen, die Beziehungen zwischen der Wolkenbedeckung, dem Niederschlag, Aerosolen und den Eigenschaften der die Wolken umgebenden Luft zu erklären“, sagt Bjorn Stevens vom Max-Planck-Institut für Meteorologie.
Satelliten als Helfer
Der Wolkenforscher sieht nicht nur dieser Messkampagne sehr optimistisch entgegen, sondern der Zukunft der Wolkenforschung insgesamt. „Wir werden in den nächsten 25 Jahren ein Vielfaches dessen über Wolken lernen, was wir in den letzten 25 Jahren gelernt haben“, sagt er sichtlich erfreut. Im letzten Vierteljahrhundert seien die Beobachtungstechniken entwickelt worden. „Jetzt benutzen wir sie.“
Satelliten seien inzwischen in der Lage, mithilfe von Radar und Laserstrahlen dreidimensionale Bilder von Wolken und ihrem Inneren anzufertigen. Außerdem erleichtere es die wachsende Rechenkraft von Computern immer weiter, physikalische Prozesse auf immer mehr Größenskalen gleichzeitig zu simulieren − freilich erst, nachdem man die entsprechenden Prozesse verstanden habe.
Stevens glaubt allerdings nicht an eine Art universaler Wolkenformel: „Was es meiner Ansicht nach nicht gibt, ist ein allgemeines Prinzip, das mit ein paar mathematischen Symbolen die gesamte Physik der Wolken erklärt“, sagt Stevens. Er vergleicht die Wolkenforschung mit der Krebsforschung. „Früher dachten Mediziner, es gebe einen Entstehungsmechanismus für Krebs schlechthin. Heute weiß man, dass jede Krebsart für sich erforscht werden muss“, sagt der Wissenschaftler.
Jeder Wolkentyp ist anders
Bei den Wolken sei es ähnlich: Jeder Wolkentyp müsse für sich verstanden werden. Dass etwa das Entrainment bei den marinen Stratocumuli nicht effizient wirke, gelte nicht unbedingt für andere Wolkentypen. Die Wolkenforschung ähnelt demnach einem Puzzle: Das Gesamtbild lässt sich umso besser erkennen, je mehr Puzzlesteine hinzukommen.
In der Aussage, dass die Wolken den Schlüssel zum Verständnis der ganzen Welt liefern, stimmt Bjorn Stevens dem Philosophen Descartes aber nur bedingt zu. Die Vorgänge in der Erdatmosphäre könne tatsächlich nur verstehen, wer die Wolken durchdringe. Aber nicht viel mehr – und er fügt hinzu: „Sollte es mir jemals gelingen, die Wolken komplett zu verstehen, wird es mir vermutlich immer noch schwerfallen, so manche Politikerentscheidung zu verstehen.“
Christian Meier / MaxPlanckForschung
Stand: 20.08.2010