Das Auto sichert uns die individuelle Mobilität und ist Statussymbol der Wohlstandsgesellschaft. Doch der Flächenanspruch für den Individualverkehr ist enorm. Allein 44 Prozent der gesamten Siedlungsfläche der Bundesrepublik werden von Verkehrsflächen beansprucht. Damit ist das Auto der größte Flächenkiller und kann daher im Hinblick auf ökologisch nachhaltigen Städtebau nicht das Transportmittel der Zukunft sein.
Eine Herausforderung für die Zukunft der Stadt ist der Verzicht auf das Auto. Eine Abkehr von der so geliebten individuellen Mobilität kann jedoch nur erreicht werden, wenn adäquate Alternativen geboten werden. Die öffentlichen Verkehrsmittel müssen daher attraktiver gestaltet werden, also mehr Komfort und schnellere Fortbewegung ermöglichen. Im Grunde bieten Städte bereits wichtige Voraussetzungen für autofreie Räume, da nur hier die für ein gut ausgebautes öffentliches Verkehrssystem nötige Bevölkerungsdichte zu finden ist.
Laut J.H. Crawford, der in seinem Buch „Crafree Cities“ detailiert die Umsetzung autofreier Städte beschreibt, könnte in großen Städten ein Metro-System die Grundversorgung rund um die Uhr sichern. Der Bedarf sollte dabei nicht über die Taktzeiten, sondern über die Länge der Züge reguliert werden. Eine zusätzliche und flächendeckendere Versorgung wäre über moderne Straßenbahnen und Elektrobusse möglich. Für individuelle Wegstrecken ständen Fahrräder, Rikschas und kleine wenige Elektroautos als Taxis zur Verfügung. Grundsätzlich sollte ein solches Beförderungssystem wesentlich preiswerter ausfallen, als es im Vergleich dazu die Nutzung des Autos wäre. Eine kostenlose Bereitstellung, finanziert über Steuern und Frachttarife, macht das System noch effizienter, so Crawford.
Zur größten Schwierigkeit zählt die Bewältigung des Frachtverkehrs. Für eine angenehme, autofreie Stadt ist es sehr wichtig, dass gerade die LKW weitestgehend aus dem Straßenbild verschwinden. Eine Art Frachtsystem wie bei der Paketverteilung der Post wäre denkbar. Über die Metro werden die Güter in zentrale Verteilungslager gebracht und von dort mit Elektrotransportern an die Bestimmungsadresse ausgeliefert. Die Stadt übernimmt also gegen Gebühr den Frachttransport und kann so die Ströme regulieren und umweltfreundliche Verkehrsmittel einsetzen.
Die Lebensqualität in einer solchen autofreien Stadt erhöht sich um ein Vielfaches. Es werden Freiflächen und erlebbare öffentliche Räume geschaffen. Dies wiederum wäre ein Argument vor allem für eine Rückkehr aus den Vororten.
Dass autofreie Städte keine kühnen Visionen sind, zeigen zahlreiche Städte, die schon heute größtenteils ohne Individualverkehr auskommen. Die bekannteste und größte Stadt ist Venedig. Wer sich hier fortbewegen möchte, kann dies nur per pedes oder mit einem Boot tun. Nur wenige Venezianer besitzen ein Auto, auch Motorboote sind selten. Die meisten erledigen ihre Wege mit den traditionellen von Hand gesteuerten Booten.
In Deutschland sind viele der Nordseeinseln und die Insel Hiddensee an der Ostsee autofrei. Weitgehend ohne Auto kommen auch die Städte Obersdorf, Baden-Baden und Duderstadt aus. In vielen Großstädten Deutschlands sind in den letzten zehn Jahren autofreie Wohnprojekte verwirklicht wurden. Hier verpflichten sich die Mieter, gegen spezielle Vergünstigungen, ohne Auto zu leben. Die Stellplätze werden in diesen Wohnbereichen eingespart. Doch letztlich muß der autofreie Verkehr in der ganzen Stadt aufgegriffen werden. Eine punktuelle Verwirklichung bringt nur wenige positive Effekte.
Stand: 26.09.2001