Noch delikater wird die Angelegenheit beim Entfernungs-Problem. In den vergangenen Jahrzehnten aber haben Astronomen überraschend viele Wege gefunden, um eine Vorstellung von kosmischen Distanzen zu bekommen. Ein bedeutender Fortschritt war die Entdeckung der Perioden-Leuchtkraft-Beziehung durch Henrietta S. Leavitt im Jahre 1912. Die Forscherin fand damals heraus, dass Delta-Cephei-Sterne, deren Leuchtkraft rhythmisch schwankt, gute Zollstöcke im All sind – denn: Sie erreichen eine um so größere Spitzenleuchtkraft, je größer der zeitliche Abstand zwischen den Maxima ist.
Da die tatsächliche Entfernung und Leuchtkraft von näher gelegenen Cepheiden-Exemplaren über andere Methoden bekannt ist, müssen Astronomen nur nach Cepheiden in Galaxien suchen und ihre scheinbare Helligkeit und Periode ermitteln. Sofort folgt daraus die tatsächliche Leuchtkraft; der Helligkeitsunterschied verrät die Entfernung der Galaxie. Das nach dem Entdecker der kosmischen Expansion benannte Weltraumteleskop startete mit der vordringlichen Aufgabe, die Hubble-Konstante genau zu bestimmen. Jahre später, im Mai 1999, ging eine Forschergruppe um Wendy Freedman von den kalifornischen Carnegie-Observatorien mit einer Erfolgsmeldung an die Öffentlichkeit.
Das Team hatte 18 Galaxien genauer unter die Riesenlupe genommen und dabei 800 Cepheiden entdeckt. Die Beobachtungen ergaben Distanzen bis zu 65 Millionen Lichtjahre und einen Hubble-Wert von rund 70. Damals erklärte der Harvard-Astronom Robert Kirshner begeistert: »Wir waren gewohnt, in unseren Meinungen um den Faktor 2 abzuweichen; nun sind wir genauso leidenschaftlich bei zehn Prozent. Ein Faktor von Zwei ist vergleichbar damit, dass jemand unsicher darüber ist, ob er nun einen Fuß oder zwei hat. Zehn Prozent bedeutet, sich um einen Zeh zu streiten. Das ist ein großer Schritt nach vorne!«
Stand: 19.09.2001