Die ersten, die die begehrte „Beute“ vom Meeresgrund in die Finger bekommen, sind die Geophysiker des „Physical Properties“-Labors. Sie erkunden zunächst die wichtigsten physikalischen Eigenschaften des Bohrkerns, darunter seine thermische Leitfähigkeit, Dichte, Porosität und Festigkeit. Nach den ersten Tests laden die Forscher den Kern vorsichtig auf ein kleines Fließband, genannt „Multi-Sensor-Track“, auf dem das kostbare Stück Meeresboden langsam in einer Art Tunnel an einer ganzen Batterie von Instrumenten vorbeigeführt wird. Nacheinander wird er mit Schallwellen, Gammastrahlen und Magnetfeldern bombardiert. Wenn er schließlich ein paar Minuten später scheinbar unverändert wieder zum Vorschein kommt, hat diese Durchleuchtung den Geophysikern bereits wichtige Erkenntnisse über seine Zusammensetzung und Eigenschaften verraten.
In der nächsten Station geht es dem Bohrkern an die Substanz: Das rund eineinhalb Meter lange Kernstück wird mit einer Kreissäge der Länge nach in zwei Hälften geteilt- das geschützte Innere des Kerns liegt nun erstmals frei. Deutlich sind nun an den Schnittflächen die Schichtungen des Sediments zu erkennen. Die eine Hälfte des Bohrkerns dient als Archiv- und Referenzhälfte. An ihr werden nur einige wenige Untersuchungen durchgeführt, die den Kern nicht verändern oder zerstören. Anschließend wird er sorgfältig eingepackt, beschriftet und in den Kühlräumen des Schiffs gelagert. Die andere Hälfte des Bohrkerns ist dagegen die eigentliche Arbeitshälfte, an ihr nehmen die Forscher alle weiteren Analysen vor.
Bevor jedoch alle Stationen des „Laborstapels“ an Bord der JOIDES ihr „Stück vom Kuchen“ bekommen, wandern die Kernhälften erst einmal zu den Sichtungstischen. Hier wartet ein Team von Sedimentologen, Petrologen und anderen Spezialisten bereits darauf, die freigelegte Schichtung einer genauen optischen Musterung zu unterziehen. Eng gedrängt stehen die Forscher dabei um die Bohrkernhälften und diskutieren, zeichnen, fotografieren, prüfen und interpretieren jeden Farbverlauf, jeden Wirbel oder Einschluss im Material des Kerns.
Schon aus diesem ersten optischen Eindruck gewinnen die Forscher wertvolle Erkenntnisse über die Entstehungsgeschichte dieser Sedimente, identifizieren besonders interessante Bereiche, nehmen eine erste Datierung vor und vergleichen die Muster mit denen anderer Proben.
Stand: 14.09.2001