Während der Renaissance schließlich erlebte die Edelsteinheilkunde eine neue Blütezeit. Wie Pilze schossen die Studien und Untersuchungen aus dem Boden, die die heilende Wirkung der Minerale untersuchten.
Dies lag zum einen daran, dass man in verstaubten Bibliotheken wieder auf das Wissen und die Methoden des Altertums und der Antike gestoßen war und sich brennend für diese übernatürlichen Dinge interessierte. Die Menschen setzten sich damals aber auch immer mehr mit unbekannten Naturphänomenen auseinander und versuchten Erklärungen dafür zu finden. Dieser Forscherdrang war nicht ganz ungefährlich. Viele Steinheiler wurden der Gotteslästerung oder der Scharlatanerie verdächtigt und landeten dann im Gefängnis oder wurden auf dem Scheiterhaufen verbrannt.
Philippus Aureolus Theophastus Bombastus von Hohenheim, kurz Paracelsus (1494 – 1541), war einer der bekanntesten Wissenschaftler der frühen Neuzeit, der sich der Heilkraft der Natur widmete. Dabei räumte er auch Mineralen und Edelsteinen breiten Raum ein. In pulverisierter Form tauchten sie in nahezu jedem seiner Rezepte auf.
In seiner Signaturenlehre stellte er die These auf, dass alles Lebende und alles Unbelebte auf der Erde von Gott mit außergewöhnlichen Fähigkeiten und besonderen Energien ausgestattet worden ist. Aus der Form und der Farbe dieser Gegenstände und Lebewesen – so Paracelsus – müsse der Mensch nur ableiten, wofür diese nützlich sein könnten. Rote Steine wie die Rubine waren deshalb nach seiner Lehre beispielsweise für das Blut und der Heilung seiner Erkrankungen zuständig.
Doch die Edelsteine und Mineralpülverchen in den Apotheken waren nur etwas für die VIP’s der damaligen Zeit, für die normalen Menschen waren sie nicht zu bezahlen. Aber wer es sich denn leisten konnte, versuchte mit den magischen Mixturen und Mineralen seine Gebrechen zu heilen oder sein Leben zu verlängern. Selbst einige Kirchenfürsten ließen sich von dieser Magie der Steine anstecken. Der mächtigste Mann der katholischen Kirche, Papst Clemens der VII. 1534 soll kurz vor seinem Tod in kürzester Zeit pulverisierte Mixturen aus Edelsteinen und Perlen im Wert von 40.000 Dukaten zu sich genommen haben. Geholfen hat es ihm allerdings letztlich nicht…
Das Wirken von Paracelsus und anderen setzte für die Medizin der folgenden Jahrhunderte Maßstäbe. Und auch im Volksglauben hatte sich das „Wissen“ um die heilenden Kräfte der Steine immer tiefer festgesetzt. Sogar in der Literatur tauchen immer wieder Hinweise auf die angebliche und tatsächliche Wirkung von bestimmten Mineralen auf.
Johann Wolfgang von Goethe (1749 – 1832) zum Beispiel war ein bekennender Edelsteinliebhaber. „Und Haufen Goldes waren mein, am herrlichsten der Edelstein; nur der Smaragd allein verdient, daß er an deinem Herzen grünt.“ (Faust, Teil 2, Ehrengeschenk für Helena). In seinen Werken berichtete er aus eigener Anschauung aber auch über die schützende und heilende Wirkung der Minerale.
„Talisman in Karneol
Gläubigen bringt er Glück und Wohl;
Steht er gar auf Onyx-Grunde,
Küß ihn mit geweihtem Munde!
Alles Übel treibt er fort,
Schützet dich und schützt den Ort;
…“
(Aus dem westöstlichen Diwan „Segenspfänder“)
Stand: 04.11.2002