König Johann II. hat aber bei der Suche nach Indien nicht nur auf ein Pferd gesetzt. Kurze Zeit nachdem de Covilhao und de Paiva auf Geheiß ihres Herrschers Lissabon verlassen haben, bricht noch eine zweite Expedition auf – dieses Mal auf dem Seeweg. Zunächst einmal mussdabei jedoch eine schier unüberwindliche Hürde genommen werden: Die erste Umseglung Afrikas im Süden.
Bartolomeu Diaz, Leiter der Expedition von königlichen Gnaden, weiß noch nichts von den Informationen, die de Covilhao in Sofala an der Ostküste Afrikas in Erfahrung bringt, als er im Spätsommer 1487 mit zwei Karavellen und einem Proviantschiff zu seiner Reise ins Ungewisse aufbricht. Bis zum Kongo und dann bis zum Kap Cross ist der Weg bekannt. Diaz lässt während der Fahrt zu jeder günstigen Gelegenheit Proviant aufnehmen oder mit den Eingeborenen Tauschgeschäfte beginnen, um die Versorgung der Mannschaft zu sichern und die Matrosen bei Laune zu halten.
Am Kreuzkap, wie das Kap Cross auch genannt wird, hören die Land- und Seekarten auf, hier beginnt das Abenteuer richtig. Immer weiter nach Süden dringen die Seefahrer vor. Dabei entdeckten sie unter anderem die Bucht Angra dos Voltas an der Küste des heutigen Namibias. An jedem passenden oder unpassenden Punkt seiner Route lässt Diaz steinerne Wappensäulen – sogenannte Pradaos – an den neuentdeckten Küsten aufstellen, um den Machtanspruch Portugals auf diese Gebiete zu dokumentieren.
Ende Januar 1488 aber gerät die kleine Flotte in schwere See. Ein gewaltiger Sturm sorgt dafür, dass Diaz und seine Gefährten fast vollständig die Orientierung verlieren. Meterhohe Wellen, kein Land in Sicht – was tun? Diaz legt einen Ostkurs fest, in dem festen Glauben, dort auf Land zu treffen. Aber weit gefehlt. Auch nach tagelanger Suche zeigt sich kein Hinweis auf die afrikanische Küste am Horizont. Diaz und seine Begleiter sind ratlos.
Auf nach Norden lautet schließlich die neue Marschrichtung für die Expedition. Und was kaum noch einer zu hoffen gewagt hat, trifft ein. Im Bereich der heutigen Mossel Bay stoßen sie auf Land. Sie nennen die Bucht wegen des immensen Viehreichtums Angra dos Vaqueiros – Bucht der Viehherden. Der Clou an der ganzen Sache: Ohne es zu merken, haben die Schiffe die Südspitze Afrikas umsegelt und damit das Hauptziel der Reise erreicht. Dies wird ihnen allerdings erst dann langsam klar, als auf ihrer weiteren Fahrt Richtung Osten keine massiven Gebirge oder Küsten mehr auf sie warten. Diaz und seine Männer entdecken die Insel Santa Cruz und wenig später den Fluss Rio de Iffante.
Schon bis dahin konnte Diaz aufgrund der gewaltigen Strapazen und Entbehrungen seine Leute nur noch schwer bei Laune halten. Immer wieder drohte eine Meuterei. Jetzt aber ist die Geduld der Matrosen zu Ende. Aufgrund massiver Proteste der Mannschaft, die mit Bangen die Vorräte an Lebensmitteln und Wasser immer weiter schwinden sehen, kehrt Diaz schließlich um.
Auf der Heimreise nach Portugal im Sommer 1488 sehen die Entdecker vom Schiff aus endlich das mächtige Vorgebirge, das allen Entdeckern und Seefahrern aus Europa so lange getrotzt hatte. Diaz und seine Männer nennen dieses Kap wegen der gewaltigen Winde und der rauen See, die sie dort vorgefunden haben, Kap Tormentoso – Kap der Stürme. Erst König Johann gibt später dem Bollwerk im Süden Afrikas seinen endgültigen Namen – Kap der Guten Hoffnung. Schließlich ist er durch die seemännische Meisterleistung von Diaz wirklich „guter Hoffnung“, einen Meilenstein auf dem Seeweg nach Indien hinter sich gebracht zu haben.
Diaz aber lässt auch an der Südspitze Afrikas ein Pradao aufstellen und macht sich dann auf den Weg nach Hausel. Unterwegs nehmen die beiden Karavellen an der Westküste Afrikas sogar noch eine Ladung Gold an Bord und kommen schließlich einigermaßen wohlbehalten Anfang des Jahres 1489 in Lissabon an. Mit an Bord sind jede Menge Aufzeichnungen und Kartierungen über die Entdeckungstour und 2.200 Kilometer neuentdeckter Küstenlinie, die für folgende Expeditionen von unschätzbarem Wert sein werden…
Stand: 26.06.2001