Die Türkei schlägt mit dem GAP-Projekt „mehrere Fliegen mit einer Klappe“. Durch das GAP wären große Teile des Wasserangebots in der Region unter türkischer Kontrolle. Diese strategische Situation erlaubt es sogar das Euphratwasser im Kriegsfall als „ökologische Waffe“ zu benutzen. Im Rahmen des Golfkriegs wurde dies bereits erwogen, um den Irak in die Knie zu zwingen.
Aufgrund der reduzierten Wasserverfügbarkeit durch das GAP in Syrien (mehr als eine Milliarde Kubikmeter jährlich weniger) und dem Irak (mehr als 10 Milliarden Kubikmeter pro Jahr weniger), leiden in den benachbarten Ländern sowohl die Landwirtschaft, als auch eigene Projekte zur Energieerzeugung. Die beiden Länder wären auf Importe aus der Türkei nahezu angewiesen, vor allem, wenn man das prognostizierte Bevölkerungswachstum von rund 50 Prozent während der nächsten 30 Jahre in den Euphrat-Anrainerstaaten berücksichtigt.
Mittlerweile mußten die Planungen sowohl in der Türkei als auch in Syrien erheblich modifiziert werden. Insbesondere im Bereich der Landwirtschaft kalkuliert man in beiden Länder momentan nur noch mit Bewässerungsflächen, die maximal die Hälfte des früher geplanten Umfangs haben werden. Der Türkei fehlen einerseits die finanziellen Mittel für die Realisierung aller Projekte, andererseits geht die Landerschließung langsamer voran als geplant, ein Problem das auch den Fortgang der Arbeiten in Syrien behindert. Das Potential der Wassermassen von Euphrat und Tigris wird also auf absehbare Zeit nicht annähernd ausgeschöpft werden. Ein zusätzlicher Grund, zu einem gerechten Abkommen zu kommen, das die Interessen aller Anrainerstaaten berücksichtigt.
Trotzdem sind die Verhandlungen über die Wasserrechte zwischen den Anrainerstaaten nach wie vor äußerst problematisch. Syrien und Iran beanspruchen zwei Drittel der gesamten Abflußmenge des Euphrat, die Türkei weigert sich, mehr als die 1987 in einem Abkommen mit Syrien vereinbarten 500 Kubikmeter Abfluß pro Sekunde am Euphrat vertraglich zu garantieren. Eine Verständigung auf eine verbindliche Regelung erscheint schwierig. Die Euphrat-Tigris-Region bleibt damit unweigerlich ein großer potentieller Konfliktort für einen Krieg um Wasser im 21. Jahrhundert.
Stand: 27.05.1999