Raumfahrt

Start von Sentinel-3B: Zwillingssatelliten im Weltall vereint

Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR)

Das Sentinel-3-Satellitenduo, eine der Säulen des europäischen Copernicus-Programms, ist nun im Weltall vereint: Am 25. April 2018 um 19.57 Uhr mitteleuropäischer Sommerzeit (20.57 Uhr Ortszeit) ist der Erdbeobachtungssatellit Sentinel-3B mit einer Rockot-Trägerrakete vom russischen Weltraumbahnhof in Plesetsk gestartet. „Die Zwillingssatelliten überwachen nun gemeinsam die Erde“, erklärt Dr. Michael Nyenhuis, zuständig für die Sentinel-3-Mission im Raumfahrtmanagement des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR). „Sobald Sentinel-3B erfolgreich im Orbit getestet wurde, wird das System voll einsatzbereit sein, und wir erhalten wertvolle zusätzliche Daten“.

Optimierte Flugbahn

Sentinel-3B umkreist nun auf der gleichen polaren Umlaufbahn in rund 815 Kilometern Höhe die Erde wie sein baugleicher Zwilling, Sentinel-3A, der bereits im Februar 2016 gestartet war. Zu Beginn ihrer gemeinsamen Mission befinden sich die Satelliten im Tandemflug, also mit einem geringen zeitlichen Abstand von nur 30 Sekunden voneinander, um die zahlreichen Sensoren der beiden Satelliten miteinander zu kalibrieren. Anschließend entfernen sich die Satelliten auf eine Distanz von rund 40 Flugminuten voneinander, um eine möglichst optimale zeitliche Abdeckung der Erdoberfläche zu gewährleisten. Anhand der Erkenntnisse, die durch Sentinel-3A gewonnen wurden, konnte die Flugbahn von Sentinel-3B optimiert werden, um häufigere Messungen der Meeresspiegelhöhe durchführen zu können. Mindestens sieben Jahre lang wird der Satellit Daten zur Erde senden. Die Weltmeere stehen im Fokus der Mission, aber auch großflächige Veränderungen der Landflächen werden dokumentiert.

Blick auf die Weltmeere

Die Wassermassen auf unserem Planeten, die rund 70 Prozent der Erdoberfläche bedecken, speichern und transportieren große Mengen an Energie und Wärme. Hierdurch haben sie einen starken Einfluss auf die Klima- und Wettersysteme der Erde. Die umfangreichen Daten zu Wassertemperatur, Höhe des Meeresspiegels und zur Dicke der Eisschicht auf den Ozeanen, welche die beiden Sentinel-3-Statelliten nahezu in Echtzeit übermitteln, sind daher nicht nur für die Schifffahrt von Interesse. Sie liefern vor allem die Grundlagen für eine präzise Wettervorhersage und für die Klimaforschung – etwa zur Erstellung von möglichst realitätsnahen Modellen zur Klimaentwicklung. Zudem ermöglichen die Daten, die Verschmutzung der Meere sowie die Produktion von Biomasse in den Ozeanen zu überwachen.

Über Land soll die Sentinel-3-Mission aktive Waldbrände und Brandflächen erfassen, um so einerseits Kohlenstoff-Emissionen abschätzen zu können, aber auch um großräumig wichtige Informationen über Katastrophenrisiken zu liefern. Außerdem ermitteln die Satelliten die verschiedenen Landnutzungsarten und den Zustand der Vegetation auf der Erdoberfläche. Diese Daten fließen sowohl in die Erstellung von Kartenmaterial als auch ins moderne Agrarmanagement mit ein. Eine weitere Aufgabe der Zwillingssatelliten ist etwa das Aufspüren so genannter Hitzeinseln – also lokal begrenzte Temperaturerhöhungen, die über Großstädten entstehen. Ihr Einfluss auf das regionale Klima, sowie der Einfluss des Klimawandels auf die Städte sind bislang noch weitgehend unerforscht.

Drei Processing and Archiving Center (PACs) empfangen, verarbeiten und speichern Sentinel-3-Daten. Eines von ihnen ist das Earth Observation Center (EOC) des DLR in Oberpfaffenhofen. Über das Copernicus-Hochleistungsdatennetzwerk gelangen die Roh-Daten von der Empfangsstation im norwegischen Svalbard an den Standort. Hier werden Informationsprodukte erstellt und im Langzeit-Archiv wissenschaftlichen Nutzern und der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Wenige Tage nach dem Satellitenstart werden die ersten Testdaten erwartet, die kalibrierten und korrigierten Daten sind dann voraussichtlich ab September verfügbar.

Die Sentinel-3B-Daten lassen den Copernicus-Datenbestand im Deutschen Satellitendatenarchiv (DSDA) weiter anwachsen: Zusammen mit den Daten der Radar-Mission Sentinel-1 sind in nur dreieinhalb Jahren über 3,6 Millionen Datensätze und eine Datenmenge von über 7200 Terabyte (7,1 Petabyte) entstanden. Auf CD-Rohlinge gebrannt, würde dies einen Turm von rund 1800 Metern Höhe entstehen lassen – das entspricht der fünfeinhalbfachen Höhe des Eiffelturms. „Diesen gewaltigen Datenschatz zu verarbeiten und zu analysieren ist die neue Herausforderung in der Erdbeobachtung. Dank unserer langjährigen Erfahrung im Umgang mit enormen Datenmengen, wie etwa im Rahmen der TanDEM-X-Mission, sind wir heute mit unseren Methoden in der Lage `Big-Data-Analysen in der Erdbeobachtung´ zu betreiben“, so Prof. Stefan Dech, einer der beiden Direktoren am EOC.

Das erste Quartett ist komplett

Mit Sentinel-3B ist der siebte Satellit des Copernicus-Programms gestartet, und die ersten vier Satellitenmissionen des Copernicus Weltraumsegments sind nun komplett: Dazu gehören neben Sentinel-3 die beiden Radarsatelliten von Sentinel-1, welche die Erde bei Tag und Nacht sowie durch Wolkenschichten hindurch beobachten können, sowie die Satelliten Sentinel-2A und -2B, welche vor allem die Landmassen im Blick haben und Sentinel-5P zur Messung von Luftschadstoffen, Treibhausgasen und Aerosolen. Der nächste Start eines Copernicus Satelliten soll im Jahr 2020 erfolgen.

Sentinel-3: Eine europäische Kooperation

Die Sentinel-3-Mission ist Teil des Copernicus-Programms der Europäischen Weltraumorganisation ESA und der Europäischen Union (EU). Nach der Inbetriebnahme der Satelliten im Orbit wird die Mission gemeinsam von der ESA und der Europäischen Organisation für die Nutzung meteorologischer Satelliten (EUMETSAT) im Auftrag der EU durchgeführt. Dabei ist die ESA zuständig für die Erstellung von Datenprodukten zu Landoberflächen, während EUMETSAT die Ozean- und Atmosphärenprodukte zur Verfügung stellt.

Gebaut wurden die beiden Sentinel-3-Satelliten von einem Konsortium aus rund 100 europäischen Firmen unter der Leitung von Thales Alenia Space in Frankreich. Das DLR Raumfahrtmanagement betreut im Auftrag des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) und des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie (BMWi) die entsprechenden ESA-Programme.

(Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR), 26.04.2018 – NPO)

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