Am 22. Juni 2016 um 5:55 Uhr mitteleuropäischer Sommerzeit startete der Kleinsatellit BIROS (Bi-Spektral Infrared Optical System) vom indischen Weltraumbahnhof Satish Dhawan erfolgreich ins All. Der Satellit des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) wird nun in 515 Kilometern Höhe Hochtemperaturereignisse auf der Erde aufspüren.
Dabei wird der kühlschrankgroße Kleinsatellit aber nicht allein arbeiten. Bereits seit Juli 2012 befindet sich sein „Brudersatellit“ TET-1 (Technologie-Erprobungsträger) im Orbit und hält Ausschau nach Waldbränden. Gemeinsam bilden die beiden Satelliten die Mission FireBIRD (Fire Bispectral InfraRed Detector) – eine Mission zur Feuerfernerkundung. Neben Waldbränden sollen auch vulkanische Aktivitäten, Gasfackeln oder Industrie-Hotspots beobachtet und dokumentiert werden.
Präzise Feuererkennung für den Klimaschutz
Brände verursachen weltweit fast ein Drittel aller Kohlendioxid-Emissionen und sind zum größten Teil anthropogenen Ursprungs. Aufgrund steigender Temperaturen – bedingt durch den Klimawandel – wird auch die Waldbrandgefahr zukünftig stark zunehmen. „Mit seinen sensiblen Kamerasystemen ist BIROS in der Lage, wertvolle Daten zur Veränderung der Oberflächentemperatur zu liefern“, sagt Heinz-Wilhelm Hübers, Direktor des DLR-Instituts für Optische Sensorsysteme. „Zugleich erhoffen wir uns auch Erkenntnisse darüber, welche Auswirkungen die durch Verbrennung entstehenden Aerosole auf das Wetter und Klima haben können, um somit einen Beitrag zum Klimaschutz zu leisten“, so Hübers weiter.
Die „Feuerlupen“ aus dem All
„Mit den hochauflösenden Infrarotkameras des Satellitentandems von FireBIRD wird es möglich sein, Feuer bereits ab einer geringen Intensität zuverlässig zu lokalisieren“, erklärt Winfried Halle, Leiter des Projektes. Durch die exakte Bestimmung der Feuerintensität kann nun auch die Art der Verbrennung identifiziert werden. „Darüber hinaus werden uns die Satelliten nun erstmals genaue Vorhersagen über die Ausmaße der Brandflächen geben“, sagt Halle.
Bisher konnte der Beitrag von Wald- und Savannenbränden zum Ausstoß klimarelevanter Gase nur grob abgeschätzt werden, da hierbei auf Daten von globalen Erdbeobachtungssatelliten zurückgegriffen werden musste, die lediglich darauf spezialisiert sind, Normaltemperaturen zu erfassen. Dabei weisen sie außerhalb des optimalen Messbereichs zwischen 25 und 35 Grad Celsius allerdings eine nur relativ geringe Genauigkeit auf. Daher können die globalen Erdbeobachtungssatelliten derzeit nur etwa 50 Prozent aller Hitzeereignisse registrieren.
Neue Technologien zur Feuerfernerkundung
BIROS verfügt über ein eigenes Antriebssystem. Speziell entwickelte dynamische Reaktionsräder verleihen dem Kleinsatelliten hohe Präzision und Agilität. Mittels Laserkommunikation können die Position der Hochtemperaturereignisse und bestimmte Feuerparameter wie Temperatur, Energie oder die Fläche von bereits aktiven oder gerade entstehenden Brandherden in Echtzeit an Bodenstationen auf der Erde übermittelt werden.
Zusätzlich kann der etwa 130 Kilogramm leichte Kleinsatellit erstmals Informationen zu Hochtemperaturereignissen direkt auf Mobilfunkgeräte übertragen. Die Bilddaten werden bereits an Bord vorprozessiert und mittels eines speziellen Modems per SMS verschickt. Diese einzigartige Kommunikation zwischen Satellit und Nutzer läuft zunächst auf experimenteller Ebene. Zudem beherbergt BIROS einen weiteren Satelliten an Bord. Während der Mission soll der Pico-Satellit der Technischen Universität Berlin von BIROS losgelöst werden, um optische Navigationsexperimente durchzuführen.
Darüber hinaus dient BIROS als Plattform für Technologie-Experimente aus den beteiligten DLR-Instituten. Der Kleinsatellit wurde von insgesamt zehn Einrichtungen des DLR entwickelt und wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert. Die Daten sollen einer weltweiten wissenschaftlichen Nutzung zugänglich gemacht werden. FireBIRD ist zunächst auf eine Laufzeit von zehn Jahren ausgelegt.
Der Missionsbetrieb
Direkt nach dem Start übernimmt sogleich das German Space Operation Centers (GSOC) am DLR-Standort Oberpfaffenhofen die Kommunikation mit dem Satelliten und bringt ihn in seine vorbestimmte Position. Nach ersten Funktionstests der an Bord befindlichen Instrumente, wird BIROS mit TET-1 in Konstellation auf einer Flughöhe von etwa 515 Kilometer betrieben. Hierbei arbeiten die Teams von „Flugbetrieb“, „Flugdynamik“, „Missionsplanung“ sowie die beteiligten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler eng zusammen, um die Manöver des Satelliten und die daraus resultierenden Bahnen exakt zu berechnen und dann an die Satelliten zu übermittelt. Dabei sind die verfügbaren Kontaktphasen mit den Bodenstationen aber auch Sonnen- und Schattenphasen der Flugbahnen zu berücksichtigen.
Um regelmäßige Kontaktzeiten mit den beiden FireBIRD-Erdtrabanten gewährleisten zu können, nutzt das DLR sein globales Netzwerk an Empfangsstationen. Das S-Band-Bodenstationsnetzwerk für den Routinebetrieb besteht aus den beiden deutschen Bodenstationen an den DLR-Standorten Weilheim (Bayern) und Neustrelitz (Mecklenburg-Vorpommern). Zusätzlich werden die polaren Bodenstationen im kanadischen Inuvik und in O’Higgins in der Antarktis genutzt.
(Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR), 22.06.2016 – NPO)