Biotechnologie

Pflanzen als Biofabriken

Max-Planck-Institut für Molekulare Pflanzenphysiologie

Obst und Gemüse ist gesund. Das weiß jedes Kind. Doch häufig müssten wir pflanzliche Produkte in riesigen Mengen zu uns nehmen, um die richtige Dosis der hilfreichen Naturstoffe aufzunehmen. Forscher der Arbeitsgruppe von Dr. Alisdair Fernie am Max-Planck-Institut für molekulare Pflanzenphysiologie (MPI-MP) und um Prof. Cathie Martins vom John Innes Center, England, haben einen Weg aufgezeigt, wie Nutzpflanzen genutzt werden können, um Naturprodukte in großem Maßstab herzustellen. Sie veröffentlichten ihre Studie kürzlich im Wissenschaftsjournal „Nature Communications“.

Medizinisch relevante Stoffe in Pflanzen sind sogenannte sekundäre Inhaltsstoffe. Hierzu gehören z.B. Farbstoffe oder Abwehrstoffe gegen Fraßfeinde. Diese Inhaltsstoffe sind häufig nicht nur für die Pflanze nützlich, sondern auch hilfreich für den Menschen. Viele Heilpflanzen entfalten ihre Wirkung für uns auf diesem Weg.

Zwei dieser Stoffe sind die Phenylpropanoide Resveratrol und Genistein. Resveratrol kommt natürlicherweise in Weintrauben vor und wirkte in verschiedenen Tierstudien lebensverlängernd. Genistein, ein in Sojabohnen vorkommender Sekundärstoff, kann dagegen vorbeugend gegen verschiedene Krebsarten, wie Brustkrebs eingesetzt werden. Aber niemand kann täglich 50 Flaschen Wein trinken oder 2,5 kg Sojabohnen essen, um diese Stoffe in einer wirksamen Menge aufzunehmen. Die Wissenschaftler suchten nun nach einem anderen Weg.

Soja- und Weintraubengene in die Tomate

Hierfür untersuchten die Forscher zunächst ein Gen, das für die Produktion des sogenannten AtMYB12 Proteins verantwortlich ist. Dieses Protein kann wiederum die Produktion der Phenylpropanoide steuern. Für ihre Untersuchungen verwendeten die Wissenschaftler die Modelpflanze Arabidopsis thaliana, ein Unkraut, das fast überall auf der Welt vorkommt. „Dieses Protein fungiert wie ein Schalter, der die Herstellung der sekundären Pflanzenstoffe an- und ausschalten kann“, beschreibt Alisdair Fernie, Gruppenleiter am MPI-MP in Potsdam.

In einem nächsten Schritt brachten die Wissenschaftler dieses Protein in Tomatenpflanzen ein, um die Produktion der gewünschten Naturstoffe in den Früchten anzuschalten. Darüber hinaus war es nötig weitere Gene für Enzyme aus der Weintraube oder der Sojabohne einzuschleusen, die es überhaupt ermöglichen, diese Naturstoffe in Tomaten herzustellen. Den Forschern gelang es so einen bisher in Tomaten nicht vorhandenen Stoffwechselweg in die Tomatenpflanzen zu integrieren.

Medikamente aus Tomatensaft

Die Integration der Stoffsynthese in Tomaten ist von großem ökonomischem Vorteil. Sie gehören zu den ertragreichsten Nutzpflanzen mit einer Fruchtproduktion von 500 Tonnen pro Hektar (FAOSTAT 2013) und eigenen sich somit besonders gut als „Biofabrik“ für pflanzliche Stoffe. Die Tomaten können einfach geerntet und ausgepresst werden. Aus dem Saft werden dann die Stoffe direkt extrahiert, so dass sie in der Medizin als Medikamente eingesetzt werden können.

Die Forscher können sich vorstellen, dass mit Hilfe dieser Technik auch weitere Stoffe in großem Maßstab gewonnen werden können. Dieser Weg erscheint einfacher und schneller, als die Gewinnung im Labor oder die Gewinnung aus herkömmlichen Pflanzen, die die Produkte nur in geringen Mengen herstellen.

(Max-Planck-Institut für Molekulare Pflanzenphysiologie, 02.11.2015 – AKR)

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