Informatik

Simulations-Software made in Erlangen

Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg

Ohne Computersimulationen geht in der Wissenschaft fast nichts mehr: Ob für die Meteorologie, in der Medizin, den Ingenieurwissenschaften oder zur Materialentwicklung – all diese Disziplinen nutzen die modellhaften Berechnungen für ihre Versuche. Je komplexer die Simulationen werden, desto größer wird jedoch die benötigte Rechenleistung. Ein einfacher PC reicht da nicht mehr aus. Informatiker der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU) arbeiten seit Jahren an einer Simulations-Software, die rechenintensive Modellberechnungen effektiv und möglichst genau ermöglicht.

Nun haben sie eine neue Version veröffentlicht, die in den USA auch für ein neues Programm zur Orkan-Vorhersage genutzt werden soll. Dabei verbindet die Software zwei wichtige Komponenten miteinander: Sie ist schnell und zeitgleich portabel, kann also an jedem Computer verwendet werden, ohne vorher aufwändig angepasst werden zu müssen.

Nur sechs Stunden bis zur Warnung

Für eine Vorhersage über den Verlauf eines Orkans haben Wetterdienste in den USA nur sechs Stunden Zeit – so lange beträgt die Zeit zwischen Aufnahme der Wetterbilder und der Herausgabe eventueller Warnmeldungen. In dieser Zeit müssen drei Szenarien berechnet werden: Der Orkan verläuft geradeaus, er biegt nach links ab, er biegt nach rechts ab. Für jede Berechnung benötigt ein Programm zweieinhalb Stunden, insgesamt würden also siebeneinhalb Stunden vergehen. Anderthalb Stunden länger als genehmigt. Denn die Berechnungen gleichzeitig an verschiedenen Rechnern durchzuführen, würde Millionen in der Anschaffung kosten und mehrere hunderttausend Euro im jährlichen Unterhalt.

Deswegen wird die Komplexität der Simulationen vereinfacht. „Zum Beispiel wird die Simulation der Wellen auf dem Ozean abgeschaltet“, erklärt Andreas Schäfer, Mitarbeiter am FAU-Lehrstuhl für Rechnerarchitektur. Das beschleunigt die Berechnungen, reduziert aber deren Genauigkeit. Die an der FAU entwickelte Software „LibGeoDecomp“ (kurz für: Library für Geometric Decomposition codes) soll im neuen Forschungsprojekt „STORM“ nicht nur für schnellere, sondern auch für genauere Berechnungen des Hurrikan-Vorhersageprograms ADCIRC sorgen. Für „STORM“, dass von der amerikanischen National Science Foundation gefördert wird, arbeiten die Erlanger Wissenschaftler mit ihren amerikanischen Kollegen zusammen.

Es ist die bereits vierte Version von LibGeoDecomp, die die FAU-Wissenschaftler als Open-Source-Programm – also für jeden frei verfügbar – veröffentlicht haben. Und es ist die erste Simulations-Software, die die zwei wichtigsten Komponenten eines Programms in sich vereint. Zum einen ist LibGeoDecomp effizienter als ihre Vorgänger. „Wir erzielen mit der Software mehrere PetaFLOPS an Leistung, es werden also Billiarden an verschiedenen Berechnungen in nur einer Sekunde durchgeführt“, erklärt Schäfer. Wie sich das auf die Orkan-Vorhersage auswirken wird, lässt sich jedoch noch nicht sagen. „Das Projekt STORM steht noch ganz am Anfang, die Verbindung von LibGeoDecomp und ADCIRC wird jetzt erst getestet“, sagt Schäfer.

Zwei in eins

Die Software ist jedoch nicht nur äußerst effizient, sie ist gleichzeitig auch portabel. Sie kann an jedem Computer verwendet werden, ohne dass sie installiert werden muss und ohne dass die Nutzer weitere Anpassungen vornehmen müssten. Für Wissenschaftler ist diese Eigenschaft besonders wertvoll: „Mit unser LibGeoDecomp können Wissenschaftler Simulationen bauen, ohne sich um die technischen Details kümmern zu müssen“, erklärt Schäfer. „Unsere Software trennt gewissermaßen die Informatik-Probleme von den Problemen der jeweiligen Fachrichtung.“

Das Besondere: Die Verbindung dieser beiden Eigenschaften – der Effizienz und der Portabilität – ist bisher ein Alleinstellungsmerkmal. „Bisher konnten Softwares immer nur das eine: Entweder sie waren schnell oder portabel. Aber nicht beides gleichzeitig. Durch die Kombination dieser beiden Eigenschaften zählt LibGeoDecomp zurzeit zu den leistungsfähigsten Softwares auf dem Markt. Sie wird die Simulationen in großen Maße vorantreiben.“ Denn die Berechnung vom Verlauf eines Orkans stellt nur eine der Verwendungsmöglichkeiten dar: „Bislang haben wir LibGeoDecomp unter anderem zur Simulation von Kristallwachstum in Metallschmelzen, Teilchenbewegung im Weltall oder zur Strömungssimulation eingesetzt“, fügt Schäfer hinzu.

(Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, 04.11.2014 – AKR)

Keine Meldungen mehr verpassen – mit unserem wöchentlichen Newsletter.
Teilen:

In den Schlagzeilen

News des Tages

Schriftzeichen

Ältestes Alphabet der Welt entdeckt?

Erstes Porträt eines extragalaktischen Sterns

Baby-Säbelzahnkatze im Permafrost entdeckt

Auch erwachsene Schimpansen spielen noch miteinander

Diaschauen zum Thema

keine Diaschauen verknüpft

Dossiers zum Thema

keine Dossiers verknüpft

Bücher zum Thema

keine Buchtipps verknüpft

Top-Clicks der Woche