In mancher Beziehung ähnelt die traditionelle chemische Synthese dem Vorgang des Kochens. Will man das Endprodukt verändern, so muss man entweder die Zutaten oder deren Verhältnis abwandeln, auch Temperatur- oder Druckänderungen beeinflussen das Ergebnis. Wie ein arrivierter Chefkoch verfügen auch Chemiker über die Fähigkeit, durch Manipulation dieser Parameter Produkte zu entwickeln, die unser Leben verschönern. Doch da es dabei auch Widerstände zu überwinden gilt, halten die Forscher ständig Ausschau nach neuen Techniken. Die Anwendung von Lasern in der chemischen Synthese ist seit deren Erfindung im Jahr 1960 ihr erklärtes Ziel.
Ein kurzer Lichtpuls mit der passenden Farbe und Dauer könnte, wenn er auf ein Molekül im genau richtigen Moment trifft, bestimmte chemische Bindungen modifizieren, damit sich die Atome in einer bevorzugten Konfiguration anordnen. In dieser Hinsicht spielt der Laser hier die Rolle einer neuen Art von Reagens in einer chemischen Reaktion. In der Praxis stellt aber sogar ein einzelnes Molekül ein so komplexes Gebilde dar, dass es schwierig ist, für seine gezielte Beeinflussung die richtigen Eigenschaften des Laserpulses zu finden. Außerdem können ausgefeilte Methoden eine nahezu unbegrenzte Zahl von unterschiedlichen Pulsprofilen liefern, was die systematische Suche nach der perfekten Laser-Molekül-Kombination ungemein erschwert.
Hier hat es sich bewährt, die in Frage kommenden Pulsformen mit Hilfe experimenteller Rückkopplung adaptiv zu suchen. Wie in der natürlichen Auslese haben Laserpulse, die ein besseres Ergebnis liefern, eine weit höhere Überlebenschance. Ihre charakteristischen Merkmale finden sich in dem maßgeschneiderten Puls, der schließlich das erwünschte Ergebnis liefert. Doch diese Methode ist nur so gut wie die Rückkopplung, auf der sie beruht.
In einem diese Woche in der Zeitschrift Nature Communications veröffentlichten Artikel beschreiben Forscher vom Max-Planck-Institut für Quantenoptik (MPQ), der Ludwig- Maximilians-Universität München (LMU) sowie dem Augustana College (SD) und der Kansas State University (KSU) in den USA ein deutlich verbessertes Rückkopplungsverfahren. Indem sie das Molekül während seiner Dissoziation in drei Dimensionen beleuchten, können sie den Laserpuls dafür optimieren, das Molekül in einen bestimmten Endzustand zu treiben. Diese Abbildungstechnik kann Feedback-Methoden ergänzen, die auf der optischen Spektroskopie beruhen. Darüber hinaus lassen sich aus den dreidimensionalen Bildern theoretische Vorstellungen darüber ableiten, auf welche Weise der Puls das Molekül beeinflusst und kontrolliert. In einem der untersuchten Fälle wurden die Ionen im Acetylen-Molekül unter der Bestrahlung mit Laserpulsen aus ihrer normalen HCCH Anordnung in die ungewöhnliche HHCC Konfiguration gebracht.
Aufbauend auf anfänglichen Arbeiten am MPQ haben Studenten am Augustana College ein Verfahren entwickelt, die Bilder so schnell in ein Rückkopplungssignal umzuwandeln, dass sie in dem Experiment genutzt werden konnten. Sie haben ferner ein System entwickelt, bei dem die ausgefeilte Bildanalyse mit der computergesteuerten Kontrolle des Experimentes verbunden werden konnte. Sobald die Methode sicher funktionierte, wurde sie bei einem Experiment am J.R. Macdonald Laboratory eingesetzt. Die ersten Ergebnisse regten schließlich die theoretischen Arbeiten an der LMU an, die zur Aufklärung des Kontrollmechanismus beitragen konnten.
„Das Experiment zeigt, dass eine durch die dreidimensionale Abbildung verbesserte Rückkopplung sowohl die Möglichkeiten steigert, chemische Reaktionen zu kontrollieren, als auch unser Verständnis von den dabei ablaufenden Prozesse vertieft“, sagt Matthias Kling, der zur Zeit dieser Arbeiten Forschungsgruppenleiter am MPQ und Assistenzprofessor an der KSU war. Und Regina de Vivie-Riedle, Professorin an der LMU und Leiterin des Theorie-Teams, erklärt: „Die neue Methode bietet die Möglichkeit, noch komplexere Systeme zu steuern, sogar größere Moleküle, Cluster und Nanoteilchen. Die mehrdimensionalen Daten bedeuten auch eine strengere Vorgabe für die Theorie und helfen uns bei der Verbesserung unserer Modelle.“
(Max-Planck-Institut für Quantenoptik, 06.12.2013 – AKR)