Materialforschung

Neuartige Membran für Klimaschutz und Medizintechnik

Max-Planck-Institut für Polymerforschung

Ein Forscherteam des Max-Planck-Instituts für Polymerforschung (MPI-P) um Direktor Hans-Jürgen Butt und Projektleiterin Doris Vollmer hat eine neue Art Membran entwickelt, mit der Gase wie Kohlenstoffdioxid (CO2) nach Wunsch in Flüssigkeiten und Gasen angereichert oder aus ihnen herausgelöst werden können. Der wissenschaftliche Durchbruch wurde im Fachjournal „Nature Communications“ bekanntgegeben. Die Fähigkeiten der Membran beruhen auf einer stark flüssigkeitsabweisenden (superamphiphoben) Beschichtung, die nicht nur den Gasaustausch verbessert sondern gleichzeitig ihre Poren vor Verstopfung schützt. In Herz-Lungen-Maschinen könnte die lebensrettende Sauerstoffanreicherung von Blut weitaus zuverlässiger als bisher geschehen. Hans-Jürgen Butt sieht Potenzial für weitere Anwendungen im medizinischen und industriellen Bereich: „Der Gasaustausch ist sicher das größte Anwendungsgebiet. Aber auch im Bereich des Klimaschutzes sowie im biomedizinischen Bereich könnte die Membran eingesetzt werden“, erklärt der Max-Planck-Direktor.

Die Grundlagen der superamphiphoben Beschichtung resultieren aus vorhergehenden Forschungen der Oberflächenphysiker. Sie verwendeten dazu Kerzenruß. Dessen aus mikroskopischen Kugeln zusammengesetzte Struktur wirkt noch weitaus effektiver selbstreinigend als ein Lotusblatt. Jedoch ist Ruß nicht stabil, lässt sich aber als Templat für beständigere Beschichtungen verwenden. Die Mainzer Forscher bedampften den Kerzenruß mit Siliciumoxid und brannten den Ruß anschließend aus. Die verbleibende gerade 20 Nanometer dicke Schicht wurde daraufhin mit einer fluorhaltigen Silicium-Verbindung überzogen, um die wasser- und ölabweisende Wirkung zu erzielen. Experimente zeigen, dass das kreative Design der Nanostruktur aus den Mainzer Labors nicht nur einer Benetzung mit Wasser und Ölen sondern auch durch Blut, Seifenlösungen und Aminen widersteht und sich dazu mit wenig Aufwand herstellen lässt. Diese bis vor einiger Zeit kaum vorstellbare Eigenschaft, tauften die Mainzer „superamphiphob“ als logisch hergeleitetes Gegenteil zum Begriff „amphiphil“, der Stoffe beschreibt, die sowohl wasser- als auch ölliebend sind.

Für die Membran wird ein feinmaschiges Netz aus Edelstahl als Substrat benutzt, auf das die superamphiphobe Schicht aufgebracht wird. Beim Gasaustausch ist die nanostrukturierte Seite der Membran in Kontakt mit der Flüssigkeit, während das Gas gleichzeitig auf der anderen Seite vorbeiströmt. Die Gasmoleküle können ungehindert durch die Zwischenräume des hochporösen Netzwerks driften. Auch bei geringen Fließgeschwindigkeiten wird so ein hoher Gasaustausch erreicht und was wiederum die Gerinnung und damit das Thrombose-Risiko verringert, wenn Blut mit Sauerstoff gespeist werden soll. Der besondere Vorteil: die Membranporen verkleben dabei nicht. In Tests hinterließ Blut im Gegensatz zu Teflon auch nach mehrstündigem Kontakt mit der Beschichtung keine Spuren auf der Membran – eine elementare Voraussetzung für den Einsatz in Herz-Lungen-Maschinen.

Die erzielten Gasaustauschraten bei Versuchen zur Anreicherung von Gasen (z.B. CO2) lassen vielversprechende industrielle Anwendungen erwarten. Mit der Membran können sowohl Anreicherungs- als auch Filtrationsprozesse durchgeführt werden. Zum Beispiel würde Feinstaub aus der Luft filtriert und in Kalkmilch oder Wasser fixiert. CO2 könnte durch die Membran in Aminlösungen, dem gängigen CO2-Speichermedium, überführt werden. Ein wesentlicher Schritt auf dem Weg zur Endlagerung von CO2.

Universell flüssigkeitsabweisende Oberflächen bieten ein spannendes Forschungsfeld. Zum einen ermöglichen sie grundlegende Funktionsprinzipien der Benetzung von Oberflächen, der Wechselwirkung von Flüssigkeiten mit Festkörpern und dem Strömungsverhalten von Flüssigkeiten besser zu verstehen. Zum anderen ist das Phänomen Superamphiphobie für einen Einsatz in Industrie und Medizin oder für den Umweltschutz interessant, aber noch weitgehend unerforscht.

(Nature Communications, 2013; doi:10.1038/ncomms3512)

(Max-Planck-Institut für Polymerforschung, 30.10.2013 – KSA)

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