Technik

Ein Labor für alle (Reinigungs-)Fälle

Fraunhofer-Gesellschaft

Das Fraunhofer-Institut für Produktionstechnik und Automatisierung IPA stellt von 22. bis 24. Oktober 2013 auf der parts2clean in Stuttgart ein neues Labor für die industrielle Reinigung vor. Im »CleanLab 2020« können erstmals Schmutzpartikel von Bauteilen, Oberflächen und Flüssigkeiten unterschiedlichster Branchen analysiert werden – von der Nano- bis zur Mikrogröße. Gleichzeitig lassen sich in einem durchgängigen Reinraum Bauteile reinigen sowie Verunreinigungen extrahieren und untersuchen.

Beim Thema Sauberkeit denken wir meist an die Staubmäuse, die munter durch unsere Wohnung tollen beziehungsweise an den Staubsauger, der diesem Treiben ein Ende bereiten soll. Doch auch der Automobilmonteur, der Zahntechniker oder der Raum-fahrtingenieur beschäftigen sich mit diesem Thema. Denn nur wenn Bremsschläuche, Zahnimplantate oder Proben aus dem Weltall sauber sind, funktionieren sie auch beziehungsweise lassen sich einwandfrei identifizieren.

Die Reinigungsprozesse sind dabei so unterschiedlich wie die Branchen. Während in der Halbleiterindustrie schon nanogroße Partikel unerwünscht sind, liegen die Grenzbereiche in der Medizintechnik bei fünf beziehungsweise in der Automobilproduktion bei 200 Mikrometern. Auch die Techniken zur Reinigungsbewertung sind verschieden: Für glatte Oberflächen wie Siliziumscheiben eignen sich optische Verfahren, um den Schmutz aufzuspüren. Bei hohlen Bauteilen wie Ölleitungen, Bremsschläuchen oder Schraubengewinden müssen die Partikel erst rausgespült und filtriert werden, um sie zu analysieren. Verunreinigungen entstehen zum Beispiel durch Öle, den Metallabrieb von Maschinen und Bauteilen oder organisch, durch den Menschen verursacht.

Am IPA beschäftigen sich die Wissenschaftler in der Abteilung »Reinst- und Mikroproduktion« seit über 25 Jahren mit der Fertigung unter reinen Bedingungen. Markus Rochowicz beschreibt zwei aktuelle Herausforderungen: »Zum einen gibt es mittlerweile zwar an die 1000 Industrielabore, die Bauteile auf Verschmutzungen überprüfen. Ein branchenübergreifendes Konzept innerhalb eines durchgängigen Reinraums ist mir jedoch nicht bekannt. Zum anderen hat die Automobilindustrie wegen ihrer oft sehr komplexen Bauteilgeometrien Methoden entwickelt, von denen auch andere Branchen profitieren können. Mit dem neuen Labor will das IPA dieses Wissen in andere reinheitssensible Industriezweige transferieren.« Pünktlich zur parts2clean haben die Forscher deshalb ihr »CleanLab 2020« eröffnet, das genau diese Lücken bei der Analyse von Verunreinigungen schließt: Das neue Labor schafft durch einen durchgängigen Reinraum für Reinigung, Extraktion und Analyse einen ununterbrochenen Materialfluss. Es bietet die komplette Bandbreite an aktuellen gängigen Technologien zur Analyse von Schmutzpartikeln an. Insbesondere Spülkonzepte aus der Automobilindustrie können dadurch auch für andere Branchen genutzt werden.

Das Analyselabor ist etwa 100 Quadratmeter groß und bietet Platz für etwa vier bis fünf Wissenschaftler. Über Schleusen ist es mit den bereits existierenden Reinigungslaboren des IPA reinraumtechnisch verbunden. In den vergangenen Jahren haben die Stuttgarter Forscher insbesondere umfangreiche Kapazitäten bei der Reinigung mit Kohlendioxid aufgebaut. Außerdem existiert hier der reinste Reinraum der Welt. Unterteilt ist das »CleanLab 2020« in zwei wesentliche Laborbereiche: Im ersten wird der Schmutz der gelieferten Bauteile extrahiert, im zweiten dann filtriert und analysiert. Um die Partikel zu entfernen, können Rochowicz und seine Kollegen auf verschiedene Spritzkammern, Ultraschallbäder oder geschlossene Leitungssysteme, wie Spülstände, zurückgreifen.

Zur Analyse stehen sechs verschiedene optische und rastermikroskopische Systeme zur Verfügung, die Verunreinigungen geometrisch messen und komplett analysieren. Mit einem Mikrocomputertomographen können die Wissenschaftler die Partikel in drei Dimensionen abbilden und vermessen. Das erlaubt ihnen einen Blick in das Innere von Bauteilen. Ein ausgerichteter Luftstrom sorgt an allen Arbeitsplätzen für eine »hochsaubere« Umgebung. »Wir können so fast jeden Gegenstand reinigungstechnisch auf Partikelgrößen vom Subnano- bis in den oberen Mikrometerbereich analysieren. Der Laborkomplex ist ab sofort in unser Schulungskonzept integriert, damit industrielle Anwender von den neuen Möglichkeiten profitieren können«, beschreibt Rochowicz die Bandbreite des Labors.

(Fraunhofer-Gesellschaft, 17.10.2013 – AKR)

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