In der Klinik für Neurochirurgie des Universitätsklinikums Schleswig-Holstein (UKSH), Campus Lübeck, ist weltweit erstmals einem Patienten ein Neurostimulationssystem zur Rückenmarkstimulation implantiert worden, mit dem eine gefahrlose Untersuchung im Kernspintomographen (Magnetresonanztomographie – MRT) möglich ist.
Die Neurostimulation ist eine spezielle Therapie zur Beeinflussung von neurologischen Funktionen. Dabei wird dem Patienten ein medizinisches Gerät implantiert, das feine elektrische Impulse abgibt und dadurch eine Veränderung neurologischer Zustände, z.B. eine schmerzlindernde Wirkung erzielt. Der Neurosimulator überlagert hierbei Schmerzsignale, bevor sie von den Nerven an das Gehirn weitergeleitet werden.
Das Verfahren kommt bei einer Vielzahl von Erkrankungen zum Einsatz, so z.B. im Bereich des Rückenmarks zur Behandlung chronischer Schmerzen oder im Bereich des Gehirns zur Behandlung von Bewegungsstörungen. Systeme zur Rückenmarksstimulation werden seit Anfang der 70er-Jahre, Tiefenhirnstimulationssysteme seit Ende der 80er-Jahre weltweit in vielen Zentren eingesetzt. Allerdings nicht ohne Probleme: „Bei Patienten, denen ein solches System implantiert wurde, mussten wir bisher auf eine der wichtigsten bilddiagnostischen Methoden, die Magnetresonanztomographie, verzichten oder den Stimulator vorher operativ entfernen“, erläutert Prof. Dr. Volker Tronnier, Direktor der Klinik für Neurochirurgie.
Bei den herkömmlichen Systemen bestand die Gefahr einer Überhitzung und Schädigung des Gewebes bzw. einer „Überstimulation“ durch magnetische Felder. „Die neue Technik kombiniert den neuen Neurostimulator mit einer speziell isolierten Stimulationselektrode und macht das Verfahren auf diese Weise MRT-kompatibel“, sagt Oberarzt Dr. Dirk Rasche.
Nach der Operation in der Klinik für Neurochirurgie wurde – ebenfalls erstmalig weltweit – ein MRT der Lendenwirbelsäule mit den neuen Implantaten durchgeführt. Die Untersuchung verlief für den Patienten völlig problemlos und zeigte eine sehr gute Bildqualität. „Dieser technische Fortschritt ist der wichtigste Beitrag der vergangenen Jahre zur Patientensicherheit und -zufriedenheit im Bereich der Neuromodulation und invasiven Schmerztherapie“, ist sich Prof. Tronnier sicher.
In einem zweiten Schritt sollen nun auch andere Neurostimulationssysteme wie die Tiefenhirnelektroden entsprechend magnetresonanz-kompatibel gemacht werden. „Das bedeutet, dass wir MRT-Untersuchungen in Zukunft unproblematisch und uneingeschränkt in allen Körperbereichen vornehmen können. Gleichzeitig ist es auch möglich, die Lage der Elektroden ohne Komplikationen zu kontrollieren und funktionelle Aufnahmen zum Nachweis des Therapieeffekts zu machen“, so die Aussage der Neurochirurgen.
(Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, 19.02.2013 – NPO)