Ein ForscherInnenteam der Universität Wien und der Universität für Bodenkultur Wien entwickelt mit Hilfe des Hochleistungsrechners Vienna Scientific Cluster (VSC) Nanomaschinen, mit denen sich die vielfältigen Funktionen von Proteinen nachbauen lassen. Diese „bionischen Proteine“ könnten in Zukunft eine wichtige Rolle für Innovationen in der pharmazeutischen Forschung spielen. Aktuell haben Ivan Coluzza und KollegInnen dazu einen Artikel in der renommierten Physikzeitschrift Physical Review Letters publiziert.
Proteine sind die Grundbausteine aller bekannten Lebewesen und wegen ihrer vielfältigen und komplexen Funktionen werden sie auch oft als „molekulare Maschinen“ bezeichnet. Betrachten wir beispielsweise die Proteine in unseren Muskeln: Bei jeder einzelnen Kontraktion verändern unzählige Proteine ihre Struktur, um die Bewegung des Muskels hervorzurufen. Dieser außergewöhnliche Prozess wird von Molekülen durchgeführt, welche eine Größe von etwa einem Nanometer, also einem Milliardstel Meter haben. Muskelkontraktion ist jedoch nur eine von zahlreichen Aufgaben, die Proteine erfüllen: Es gibt Proteine, welche Substanzen in und aus Zellen transportieren, Proteine, welche andere Proteine bauen oder einfangen, und Proteine, welche chemische Reaktionen beschleunigen, um einige wenige Beispiele zu nennen. „Von den faszinierenden Eigenschaften der Proteinen inspiriert, haben wir uns zum Ziel gesetzt, Nanomaschinen zu entwerfen und zu bauen, die nach analogen Prinzipien funktionieren und ähnliche Aufgaben verrichten können“, erklärt Ivan Coluzza, Post-doc an der Computergestützten Physik der Universität Wien, das Forschungsprojekt.
Vienna Scientific Cluster (VSC) berechnet Nanomaschinen
Im Rahmen eines langfristigen Forschungsprogramms sind Ivan Coluzza und Kollegen von der Computergestützten Physik an der Fakultät für Physik der Universität Wien sowie dem Institut für Biologisch-inspirierte Materialien der Universität für Bodenkultur Wien den geplanten Nanomaschinen einen wichtigen Schritt näher gekommen. Das Team konnte mit Hilfe von Computersimulationen zeigen, dass sich in dem von ihnen entwickelten physikalischen Modell Partikelstränge spontan zu bestimmten dreidimensionalen Strukturen falten und sogar Knoten bilden können. Die numerisch äußerst aufwendigen Berechnungen gelangen nur durch Einsatz des Vienna Scientific Clusters (VSC), einem von der Universität Wien, der Technischen Universität Wien und der Universität für Bodenkultur Wien gemeinsam betriebenen Hochleistungsrechner.
Künstliche Proteine aus dem Labor
Die Wiener ForscherInnen arbeiten nun an der Umsetzung ihrer theoretischen Ergebnisse, d.h. sie versuchen, künstliche Materialien mit Funktionen wie Proteine im Labor vom Institut für Biologisch-inspirierte Materialien zu realisieren. Dazu sollen spezifisch funktionalisierte Nanopartikel in einer am Computer ermittelten Sequenz zu Ketten verbunden werden, welche sich dann analog zu Proteinen zu den gewünschten Formen verknoten. Solche neuartige bio-mimetische Nanostrukturen könnten technologisch eingesetzt werden, zum Beispiel als Träger für Drug-Delivery-Systeme oder als enzymartige Katalysatoren.
Das Projekt wurde vom Fonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung (FWF) im Rahmen des SFB „Vienna Computational Materials Laboratory“ (ViCoM) unterstützt.
(Publikation in Physical Review Letters:
Sequence Controlled Self-Knotting Colloidal Patchy Polymers: Ivan Coluzza, Peter D. J. van Oostrum, Barbara Capone, Erik Reimhult and Christoph Dellago.11. Februar 2013.)
(Universität Wien, 15.02.2013 – KSA)