Zarte Schichten, geheimnisvolle Hohlräume: Was auf den ersten Blick so aussieht wie eine geologische Formation, stammt aus unserem eigenen Körper. Denn zu sehen ist hier der im UV-Licht fluoreszierende Dünnschliff eines Nierensteins. Die Mikroskop-Aufnahmen enthüllen, dass Nierensteine keineswegs einfach nur immer größer werden – ihr Wachstum ist ähnlich dynamisch und von Umstrukturierungen geprägt wie das geologischer Mineralien.
Bisher galten Nierensteine eher als wenig ansehnliche oder spannende Klumpen, die schlimmstenfalls zu schweren Koliken führen können. Diese entstehen, wenn calciumreiche Verbindungen am Übergang vom Nierensystem zum Harnleiter auskristallisieren. Gängiger Theorie nach sind diese Gebilde jedoch homogen und wenig komplex und unterscheiden sich darin von den meisten in der Natur vorkommenden Calciumablagerungen.
Doch wie sich nun zeigt, irrt hier das gängige Medizinerwissen. Bruce Fouke von der University of Illinois und sein interdisziplinäres Team haben die Struktur von Nierensteinen erstmals mit einer ganzen Palette modernster Mikroskop-Techniken analysiert. Neben Fluoreszenz-, Phasenkontrast– und Elektronennmikroskopie untersuchten sie Dünnschnitte von Nierensteinen auch mittels Röntgenspektroskopie und speziellen Hochauflösungs-Mikroskope.
Das überraschende Ergebnis: „Entgegen dem, was Ärzte in ihrer medizinischen Ausbildung lernen, durchleben Nierensteine einen dynamischen und wiederholten Prozess des Wachsens und Auflösens“, sagt Fouke. Statt chaotischer Eintönigkeit eröffnet der Blick in das Innere der Nierensteine eine ganze Miniaturwelt faszinierender Strukturen.
Wie diese Fluoreszenz-Aufnahme zeigt, besteht das Innere der Steine aus wechselnden Schichten von Calciumoxalat und organischen Ablagerungen – hier in sanftgrün zu sehen. Diese geregelte Abfolge wird an einigen Stellen durch Hohlräume – hier blau – durchbrochen, in denen weitere, kleinere Kristalle wachsen.