Astronomie

Supererde um Barnards Stern

Kalter Exoplanet umkreist sechs Lichtjahre entfernten Roten Zwerg

Barnards Stern (links) und sein neuentdeckter Planet - sie liegen nur sechs Lichtjahre von der Erde entfernt. © ESO/ M. Kornmesser

Eine neue Nachbarwelt: Astronomen haben einen Exoplaneten um den sonnennächsten Einzelstern entdeckt – den sechs Lichtjahre entfernten Barnards Stern. Die Supererde ist 3,2 Mal massereicher als die Erde und umkreist den Stern etwa in Merkur-Entfernung. Weil der Rote Zwerg aber viel lichtschwächer ist, herrschen auf ihr wahrscheinlich Temperaturen von minus 170 Grad – zu kalt für flüssiges Wasser und Leben, wie die Forscher im Fachmagazin „Nature“ berichten.

Obwohl es in unserer nahen Nachbarschaft gleich mehrere Rote Zwerge und das Centauri-Dreifachsystem gibt, konnten Astronomen dort lange keine Planeten finden. Das aber hat sich geändert: In den letzten Jahren haben Forscher einen Erdzwilling bei unserem nächsten Nachbarn Proxima Centauri entdeckt, dazu einen erdähnlichen Planeten in elf Lichtjahren und fünf weitere Erdzwillinge in bis zu 16 Lichtjahren Entfernung. Auch Alpha Centauri könnte mehrere noch unentdeckte Erdzwillinge besitzen.

Doch ausgerechnet der sonnennächste Einzelstern schien bisher bei der Planetenvergabe leer ausgegangen zu sein: der nur sechs Lichtjahre entfernte Barnards Stern. Er ist nach Alpha und Proxima Centauri unser nächster Nachbar. Zwar glaubten Astronomen in den 1980er Jahren, um diesen Roten Zwerg Signaturen von zwei jupitergroßen Planeten zu erkennen. Das aber stellte sich später als Irrtum heraus.

Verräterisches Taumeln

Jetzt sind Astronomen bei Barnards Stern doch noch fündig geworden. Ignasi Ribas vom spanischen Institut für Weltraumforschung und sein Team hatten für ihre Studie nach verräterischen Veränderungen in der Geschwindigkeit des Sterns gesucht. Dieses „Taumeln“ entsteht, wenn die Schwerkraft eines Planeten den Stern beeinflusst. Sichtbar wird es in Form von periodischen Verschiebungen im Lichtspektrum des Sterns.

„Für die Analyse haben wir Messungen von sieben verschiedenen Instrumenten über 20 Jahre hinweg gesammelt. Dies ist damit einer der größten und umfangreichsten Datensätze, der je für präzise Radialgeschwindigkeitsstudien erstellt wurde“, erklärt Ribas. “ Die Kombination aller Daten führte zu insgesamt 771 Messungen – eine riesige Menge an Informationen.“

Über die Entdeckung der Supererde Barnard’s Star b© ESO

Eine Supererde – und vielleicht noch ein zweiter Planet

Und tatsächlich: Die Spektraldaten enthüllten die Signatur eines Planeten um Barnards Stern. In seinem Orbit muss es demnach einen Exoplaneten von der 3,2-fachen Masse der Erde geben – eine Supererde. „Nach einer sehr sorgfältigen Analyse sind wir zu 99 Prozent zuversichtlich, dass der Planet da ist“, sagt Ribas. Die Barnard’s Star b getaufte Supererde ist damit der zweitnächste Exoplanet im Umkreis des Sonnensystems – nach dem Erdzwilling Proxima Centauri b.

Noch schließen die Forscher nicht aus, dass es um Barnards Stern nicht noch einen zweiten, weiter außen kreisenden Exoplaneten geben könnte. „Unser Modell spricht für ein Objekt mit mehr als 15 Erdmassen in einem Orbit von mehr als vier astronomischen Einheiten“, berichten Ribas und seine Kollegen. Bisher allerdings sind die Daten zu uneinheitlich und dünn, um diesen Planetenkandidaten wirklich zu belegen.

Kalt und dämmrig: So könnte es auf der Oberfläche von Barnard's STar b aussehen. © ESO/ M. Kornmesser

Dämmrig und eiskalt

Die neuentdeckte Supererde umkreist Barnards Stern einmal in 233 Tagen und damit in einem Abstand, der etwa dem des Planeten Merkur von der Sonne entspricht. Weil jedoch der Rote Zwerg so klein und lichtschwach ist, liegt diese Bahn weit außerhalb seiner habitablen Zone. Der Planet bekommt nur rund zwei Prozent der Strahlenintensität, die unsere Erde erreicht, wie die Forscher berichten.

Die Folge: Auf der Supererde herrscht wahrscheinlich eine mittlere Temperatur von minus 170 Grad – eisige Kälte. Damit ist dieser Planet zu kalt für flüssiges Wasser und vermutlich auch für Leben, wie wir es kennen. Doch ungeachtet dessen bestätigt die Entdeckung von Barnard’s Star b erneut, dass es in unserer kosmischen Nachbarschaft reichlich Planeten gibt. Im Umkreis von 15 Lichtjahren sind inzwischen 14 Exoplaneten bekannt. Für künftige interstellare Reisen wären sie die ersten Ziele.

Einblicke in Planetenbildung

Und noch etwas macht den Planeten um Barnards Stern interessant: Er liegt fast genau auf der Schneelinie – der Zone eines Planetensystems, ab der Wasser zu Eis gefriert. Gängiger Theorie nach ist dies der Bereich der Urwolke, in der die meisten Planetenbausteine entstehen. Aus ihnen bilden sich dann innerhalb der Schneelinie primär Gesteinsplaneten, außerhalb dagegen Gasplaneten.

Die Supererde Barnard’s Star b liegt damit genau in der Zone ihres Sterns, in der die Bildung eines Planeten am wahrscheinlichsten ist. Ihre Entdeckung könnte dazu beitragen, Modelle der Planetenbildung zu präzisieren, wie die Forscher erklären. (Nature, 2018; doi: 10.1038/s41586-018-0677-y)

(ESO, Max-Planck-Institut für Astronomie, 15.11.2018 – NPO)

Keine Meldungen mehr verpassen – mit unserem wöchentlichen Newsletter.
Teilen:

In den Schlagzeilen

News des Tages

Skelett eines ungeborenee Kindes

So entstehen die Knochen des ungeborenen Kindes

Astronomen entdecken jüngsten Transit-Planet

Mehr Blackouts durch Wind- und Sonnenstrom?

Parkinson: Wenn mehr Dopamin mehr Zittern bedeutet

Diaschauen zum Thema

Dossiers zum Thema

Braune Zwerge - Kosmische Winzlinge sprengen unser astronomisches Weltbild

Bücher zum Thema

Sterne - Wie das Licht in die Welt kommt von Harald Lesch und Jörn Müller

Exoplaneten - Die Suche nach einer zweiten Erde von Sven Piper

Hallo? Jemand da draußen? - Der Ursprung des Lebens und die Suche nach neuen Welten

Top-Clicks der Woche