Psychologie

Multitasking: Dran glauben hilft

Illusion des Gleichzeitig-Tuns kann die Leistung verbessern

Wer glaubt, mehrere Dinge gleichzeitig zu tun, erbringt offenbar besonders gute Leistungen. © Maselkoo99/ iStock.com

Interessanter Effekt: Echtes Multitasking funktioniert häufig zwar nicht – der Glaube daran hilft aber offenbar. Experimente zeigen: Wer den Eindruck hat, mehrere Dinge gleichzeitig zu tun, schlägt sich bei bestimmten Aufgaben besonders gut. Werden die gleichen Aufgaben erledigt, aber als eine Tätigkeit wahrgenommen, leidet dagegen die Leistung. Die Forscher leiten daraus einen Tipp ab: Eine anstehende Aufgabe mental in mehrere Unteraufgaben aufzuteilen und somit ein Gefühl von Multitasking zu erzeugen, könnte im Alltag ziemlich nützlich sein.

Auch wenn gerade Frauen gerne das Gegenteil von sich behaupten: Echtes Multitasking funktioniert häufig nicht. Studien zeigen, dass mehrere Dinge gleichzeitig und gleich gut zu erledigen, für unser Gehirn kaum machbar ist. Denn es kann immer nur mit einem Sinn auf Höchstleistung arbeiten. Die Folge: Anstatt wirklich parallel E-Mails zu beantworten, zu telefonieren und nebenbei noch Termine zu koordinieren, wechseln wir in Wahrheit oft zwischen diesen einzelnen Aufgaben hin und her.

Eine Frage der Wahrnehmung

Trotzdem kann der Glaube daran, Multitasking zu betreiben, förderlich sein. Diese interessante Beobachtung haben nun Wissenschaftler um Shalena Srna von der University of Michigan in Ann Arbor gemacht. Ihre Idee: „Sitzen wir in einem Meeting, können wir das als eine einzelne Tätigkeit wahrnehmen, auch wenn wir dabei tatsächlich zwei unterschiedliche Aufgaben erledigen: zuhören und Notizen machen“, sagt Srna. Multitasking oder nicht – wie wirken sich solche unterschiedlichen Betrachtungsweisen auf die individuelle Leistung aus?

Um dies herauszufinden, ließ das Forscherteam 162 Probanden eine Tierdokumentation schauen, die sie gleichzeitig transkribieren sollten. Die eine Hälfte der Teilnehmer war dabei der Überzeugung, dass sie zwei Aufgaben erfüllten: eine Lern- und eine Transkribieraufgabe. Der anderen Hälfte wiederum wurde der Versuch als eine zusammenhängende Aufgabe verkauft, nämlich als Test der Lern- und Schreibfähigkeiten. Kurzum: Beide Gruppen taten genau dasselbe, dachten aber unterschiedlich darüber.

Bessere Leistung

Allein dieser Unterschied hatte einen erstaunlichen Effekt: Teilnehmer, die glaubten, mehrere Dinge gleichzeitig zu tun, transkribierten mehr Wörter pro Sekunde, machten beim Schreiben weniger Fehler und schnitten auch in einem Quiz zu den Filminhalten besser ab. Ein vergleichbares Muster ergab sich bei einem ähnlich aufgebauten Online-Test, wie Srna und ihre Kollegen berichten. Wer der Illusion unterlag, Multitasking zu betreiben, zeigte auch hier im Schnitt bessere Leistungen.

In einer weiteren Online-Untersuchung präsentierten die Forscher Probanden jeweils zwei Worträtsel, die nebeneinander auf einem Bildschirm angezeigt wurden. Einige Teilnehmer dachten, die Rätsel wären Teil einer Studie. Anderen wiederum wurde gesagt, die Rätsel gehörten zu zwei unterschiedlichen Studien – außerdem waren die Rätsel bei ihnen jeweils mit einem andersfarbigen Hintergrund unterlegt. Die Auswertung zeigte erneut: Allein durch die Illusion von Multitasking meisterten die Probanden aus der zweiten Gruppe die Rätsel besser.

Verräterische Pupillen

Wie lässt sich dieses Phänomen erklären? Interessanterweise fanden die Wissenschaftler heraus: Bei den Multitaskern weiten sich die Pupillen stärker, während sie arbeiten. Dies könnte ein Hinweis darauf sein, dass sie sich mental mehr anstrengen. Halten wir Multitasking möglicherweise für besonders anspruchsvoll und geben uns daher extra viel Mühe?

„In der heutigen Gesellschaft haben wir häufig das Gefühl, mehrere Dinge gleichzeitig tun zu müssen, um auf der Arbeit und Zuhause Schritt halten zu können. Multitasking ist zumindest gefühlt omnipräsent“, sagt Srna. „Unsere Ergebnisse zeigen: Multitasking ist häufig eine Frage der Wahrnehmung, die eher hilft als stört. Wer sich einer bestimmten Aktivität widmet, sollte daher ruhig versuchen, diese als Multitasking zu betrachten“, schließt die Forscherin. Umgekehrt bedeute dies aber nicht, dass wir nun alle anfangen sollten, möglichst viele Dinge auf einmal zu erledigen, betont sie. (Psychological Science, 2018; doi: 10.1177/0956797618801013)

(Association for Psychological Science, 14.11.2018 – DAL)

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