Archäologie

Kelten: Köpfe als Trophäen

Keltische Volksgruppen balsamierten die Köpfe ihrer getöteten Feinde ein

Harzspuren in diesen Schädelknochen beweisen es: Die Kelten balsamierten die Köpfe ihrer Opfer ein. © CNRS/ Ghezal et al.

Grausiges Ritual: Siegreiche Kelten brachten aus der Schlacht oft die Köpfe ihrer Feinde mit und balsamierten diese ein – diese schaurige Überlieferung aus antiken Schriften haben Archäologen nun tatsächlich bestätigt. An einer keltischen Fundstätte entdeckte Schädelfragmente weisen demnach nicht nur Merkmale auf, die auf eine gezielte Entfernung des Gehirns hindeuten. In den Knochen finden sich auch chemische Rückstände von erhitztem Harz – einem gängigen Mumifizierungsmittel.

Die Kelten bevölkerten während der Eisenzeit ganz Europa: Die zahlreichen unterschiedlichen Stämme und Stammesverbände dieser Kultur breiteten sich von Anatolien bis nach Irland aus. Die vom griechischen Begriff „keltoi“ abstammende Bezeichnung für diese Volksgruppen lässt sich mit „die Tapferen“ oder „die Kühnen“ übersetzen. Doch so wohlwollend diese Bezeichnung auch klingen mag, die römischen und griechischen Geschichtsschreiber waren auf die Kelten gar nicht gut zu sprechen.

Sie stellen die keltischen Völker in ihren Überlieferungen häufig als Barbaren dar, die grausaume Opferriten pflegten. So sollen die Kelten unter anderem ihre in der Schlacht getöteten Feinde enthauptet und deren Köpfe einbalsamiert haben – um sie anschließend als Trophäen für jedermann sichtbar zur Schau zu stellen. Doch wie viel Wahrheit steckt in diesen Schauergeschichten? Weil die Kelten keine eigene Schrift entwickelten und daher so gut wie keine schriftlichen Aufzeichnungen hinterließen, war dies für Forscher bisher nur schwer nachzuvollziehen.

Enthauptete Opfer

Funde aus einer früheren Gallier-Siedlung in Südfrankreich bringen nun jedoch Licht ins Dunkel. Archäologen haben dort nicht nur eine keltische Statue ausgegraben, die einen siegreichen Krieger mit seinem Pferd zeigt, um dessen Hals der Kopf eines Menschen baumelt. Salma Ghezal von der Universität Avignon und ihre Kollegen haben darüber hinaus sogar einen direkten Nachweis für die von den antiken Autoren beschriebene Praxis entdeckt.

Die Wissenschaftler analysierten für ihre Untersuchung die sterblichen Überreste von elf Menschen, die gemeinsam mit zahlreichen Waffen an der archäologischen Stätte gefunden worden waren. Diese Schädelfragmente wiesen auffällige Schnittspuren auf – ein Hinweis auf eine gezielte Enthauptung. Zudem zeigten die Knochen Merkmale, die auf eine Entfernung des Gehirns hindeuten. Möglicherweise die Vorbereitung für eine spätere Einbalsamierung?

Spuren von Harz

Um dies zu bestätigen, führten Gehzal und ihr Team chemische Analysen durch. Und tatsächlich: Sie identifizierten in den Knochenproben Spuren eindeutiger Biomarker – unter anderem Diterpene. Diese chemischen Rückstände belegen, dass die Knochen einst in Kontakt mit Harz kamen. Moleküle aromatischer Verbindungen deuten zudem darauf hin, dass dieses Harz stark erhitzt wurde und wahrscheinlich von Kieferbäumen stammte.

Harz wird seit jeher für Mumifizierungszwecke verwendet. Für die Forscher ist damit klar: Die Kelten – oder zumindest die Gallier unter ihnen – konservierten die Köpfe ihrer Feinde wirklich. Wie genau sie dabei vorgingen, ist unklar: Vielleicht tauchten sie die Köpfe in das heiße Harz oder begossen sie mit der Flüssigkeit, wie die Wissenschaftler vermuten.

Für die wichtigsten Feinde

„Den alten Texten zufolge wurden nur die mächtigsten und wichtigsten Feinde einbalsamiert“, sagte Mitautorin Réjane Roure von der Universität Montpellier der britischen Zeitung „The Guardian“. „Womöglich wollten die Kelten das Antlitz dieser Feinde bewahren, um sagen zu können: Sieh dir dieses Gesicht an – das war einmal ein großer Krieger.“

Die Trophäen dienten damit als Erinnerung für besonders bedeutende Siege. Den Forschern zufolge ist allerdings denkbar, dass die Kelten Einbalsamierungen zusätzlich auch für andere Zwecke durchführten. So könnte diese Behandlung beispielsweise auch bedeutenden und verehrten Verstorbenen des eigenen Stammes zuteil geworden sein. Das allerdings ist bisher nur Spekulation. (Journal of Archaeological Science, 2018; doi: 10.1016/j.jas.2018.09.011)

(CNRS, 13.11.2018 – DAL)

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