Statt Batterie: Forscher haben einen herkömmlichen Champignon zum Stromlieferanten gemacht. Ihr bionischer Pilz ist mit Leitungsbahnen aus Graphen und Cyanobakterien ausgestattet, die in einer Trägersubstanz auf seinem Hut leben. Diese Mikroben betreiben unter Lichteinfluss Photosynthese und geben dabei Elektronen an das Leitungsnetz ab. Als Folge fließt Strom, wie das Team im Fachmagazin „Nano Letters“ berichtet.
Auf der Suche nach alternativen Energiequellen richtet sich das Augenmerk zunehmend auch auf Bakterien. Energieproduzierende Mikroben wurden in biologischen Batterien bereits dafür eingesetzt, Strom aus Abwasser oder aus Papier zu generieren. Auch Cyanobakterien eignen sich als Stromproduzenten: Wie grüne Pflanzen und Algen betreiben diese Mikroorganismen zur Energiegewinnung Photosynthese – und die bei diesem Prozess freiwerdenden Elektronen lassen sich ableiten, wie Experimente zeigen.
Bislang gab es dabei allerdings ein wesentliches Problem: Auf künstlichen Oberflächen überleben Cyanobakterien nur kurz, entsprechend eingeschränkt sind ihre Einsatzmöglichkeiten in biotechnischen Systemen. Wissenschaftler um Manu Mannoor vom Stevens Institute of Technology in Hoboken haben sich nun jedoch eine Lösung einfallen lassen: Was wäre, wenn man den Mikroben ein lebensfreundlicheres Milieu bieten würde?
Leitungsbahnen aus Graphen
Für dieses Milieu, so ihre Idee, könnte ein herkömmlicher Champignon sorgen. Denn über seinen porösen Kopf tauscht ein Pilz Nährstoffe und Wasser mit der Umgebung aus. Er eignet sich dadurch besonders gut als Gewebe, auf dem Bakterien wachsen und gedeihen und über einen längeren Zeitraum Strom bereitstellen können.
Um ihre Vision wahrwerden zu lassen, rüsteten die Forscher den Champignon zunächst mit einem Netz aus Leitungsbahnen aus. Dieses stellten sie aus einer Mischung aus einem leitenden Kunststoff und Graphen-Nanobändern her, die sie auf den Hut des Pilzes druckten. In einem zweiten Schritt fügten sie dann ein Spiralmuster mit einer Art biologischen Tinte hinzu, die die Cyanobakterien enthielt.
Licht an – Strom fließt
Derart ausgestattet wird der Champignon zur Stromquelle: Unter Lichteinfluss beginnen die auf seinem Hut lebenden Bakterien Photosynthese zu betreiben. Überall dort, wo die biologische Tinte auf die Leitungsbahnen trifft, kommt es dabei zum Elektronenaustausch. Durch die äußere Membran der Mikroben gehen geladene Teilchen in das leitende Netz über – es fließt Strom.
Zwar ist die Energieausbeute mit 65 Nanoampere nicht gerade eindrucksvoll. Doch das Wissenschaftlerteam ist mit dem Ergebnis dennoch zufrieden. „Wir haben zum ersten Mal gezeigt, dass ein hybrides System mit Beteiligten aus zwei unterschiedlichen mikrobiologischen Reichen zur Stromerzeugung genutzt werden kann“, sagt Mannoors Kollege Sudeep Joshi. Und immerhin: Mehrere Bionik-Pilze zusammen könnten es den Forschern zufolge schaffen, ein LED-Lämpchen zum Leuchten zu bringen.
Ausbeute verbessern
In Zukunft wollen die Wissenschaftler die Stromausbeute des Hightech-Pilzes weiter verbessern und außerdem weitere Anwendungsmöglichkeiten ihrer Methode erproben. „Unser System produziert Elektrizität. Mit dem nun getesteten Ansatz könnten aber auch Anwendungen mit anderen Bakterienarten realisiert werden, die andere nützliche Funktionen erfüllen – zum Beispiel für Biolumineszenz sorgen“, schließt das Team. (Nano Letters, 2018; doi: 10.1021/acs.nanolett.8b02642)
(Stevens Institute of Technology/ American Chemical Society, 12.11.2018 – DAL)