Geowissen

Neuer Ozonkiller aus Asien

China setzt vermehrt verbotenes Tetrachlormethan frei

Blick auf die Lichter Ostchinas (links oben) - irgendwo hier werden verbotene "Ozonkiller" produziert und freigesetzt. © NASA/JSC

Neue Gefahr für die Ozonschicht: In China wird vermehrt Tetrachlormethan freigesetzt – eine ozonschädigende Chemikalie, deren Freisetzung weltweit verboten ist. Messdaten zufolge sind seit 2012 sogar neue Quellen des verbotenen Gases in der chinesischen Shandong-Provinz entstanden. Ob die Freisetzung des Tetrachlormethans unabsichtlich als Nebenprodukt der Chloroform-Herstellung geschieht oder ob bewusst gegen das Produktions-Verbot verstoßen wird, ist noch unklar.

Schon seit 1987 sind Produktion und Freisetzung von ozonschädigenden Fluorchlor-Kohlenwasserstoffen (FCKW) durch das Montreal-Protokoll weltweit verboten. Seit 2010 gilt dies auch für Tetrachlormethan (CCl4). Denn diese chlorhaltigen Chemikalien setzen in der Stratosphäre eine Kettenreaktion in Gang, die die schützende Ozonschicht zerstört.

Allerdings halten sich noch immer nicht alle Länder konsequent an die Verbote: Bereits 2014 detektierten Forscher die Freisetzung von vier zuvor unbekannten FCKWs, 2018 wiesen sie Emissionen des im Montreal-Protokoll verbotenen Trichlorfluormethans aus Asien nach.

Verdächtige Emissionen

Einen weiteren Ozonkiller haben nun Mark Lunt von der University of Bristol und sein Team aufgespürt. Sie hatten untersucht, wie sich der Ausstoß des seit 2010 verbotenen Tetrachlormethans in den letzten Jahren entwickelt hat. Diese hochgiftige Chemikalie wurde früher als Lösungs- und Reinigungsmittel, aber auch als Rohstoff für die chemische Industrie eingesetzt – letzteres ist nur noch unter hohen Auflagen erlaubt.

„Schätzungen der UN zufolge müssten die globalen Emissionen heute unter fünf Gigatonne pro Jahr liegen und weiter absinken“, erklären Lunt und seine Kollegen. Doch Messdaten zeigen, dass dies nicht der Fall ist: „Trotz des offiziellen Ausstiegs aus der erlaubten Produktion dieses Gases haben wir keine Hinweise auf eine Abnahme der Emissionen gefunden“, so die Forscher. Mithilfe einer Messstation in Korea haben sie daher versucht, die Quellen der aktuellen Tetrachlormethan-Emissionen näher einzugrenzen.

Ausstoß von Tetrachlormethan in Ostchina von 20009 bis 2016 © Lunt et al. /Geophys. Res. L., CC-by-sa 3.0

Quelle sind Industriezentren im Osten Chinas

Das Ergebnis: Der Ausstoß der ozonschädigenden Chlorverbindung stammt zum großen Teil aus China. „Die Quellen des Tetrachlormethans liegen vorwiegend in den östlichen Provinzen Chinas, um Jiangsu, Schanghai und Shandong“, berichten die Forscher. In Shandong ist sogar seit 2012 eine neue Quelle des Gases aufgetaucht, aus der seither große Mengen Tetrachlormethan freigesetzt werden.

Noch ist allerdings unbekannt, bei welchem Prozess oder in welchen Fabriken das ozonschädigende Gas entsteht. „In diesen Provinzen liegen große Industriezentren, die bereits zuvor als Quelle eines weiteren chlorhaltigen Methans, dem Methylchlorid (CH3Cl) aufgefallen sind“, sagen die Forscher. Doch aus dem Ort der Freisetzung allein lasse sich nicht feststellen, was die Quelle sei. „Das aber ist wichtig, weil uns das verraten würde, ob das Gas dort mit Absicht produziert wird oder ob es versehentlich entsteht und frei wird“, sagt Lunts Kollege Matt Rigby.

Zwei Ozonkiller aus einer Quelle?

Die Forscher vermuten jedoch einen Zusammenhang mit der bereits zuvor festgestellten Freisetzung des ebenfalls verbotenen Trichlorfluormethans. „Angesichts der Tatsache, dass Tetrachlormethan in der Produktion des Trichlorfluormethans eingesetzt wird und aufgrund der übereinstimmenden Veränderungen in der Verteilung der Emissionsquellen liegt eine Verbindung nahe“, konstatieren die Wissenschaftler. Eine genauere Kontrolle und Überwachung sei nun nötig, um weitere Emissionen dieser ozonschädigenden Substanzen zu verhindern.

„Studien wie diese zeigen, wie wichtig es ist, den Ausstoß ozonschädigende Gase weiterhin zu überwachen“, sagt Lunt. „Es besteht die Versuchung, das Ozonproblem als gelöst anzusehen, aber nur die Überwachung der Emissionen garantiert, dass man weltweit auch wirklich aus diesen ozonzerstörenden Verbindungen aussteigt.“ (Geophysical Research Letters, 2018; doi: 10.1029/2018GL079500)

(University of Bristol, 05.11.2018 – NPO)

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