Wehrhafte Kakerlaken: Auch Schaben beherrschen offenbar Karate-Tricks. Wie ein Forscher beobachtet hat, wehren sich die Insekten mit gezielten „Kampfsport-Tritten“ gegen Angriffe feindlicher Wespen. Damit schaffen sie es erstaunlich oft, einem grauenvollen Schicksal zu entgehen. Denn schlägt die Wespe erfolgreich zu, werden die Schaben zu fremdgesteuerten Wesen – und enden als Larvenfutter.
Die Juwelwespe könnte ohne weiteres der Protagonist eines schlechten Horrorstreifens sein. Denn dieses parasitisch lebende Insekt hat wahrhaft furchteinflößende Eigenschaften. Wann immer die Eiablage bevorsteht, schleicht sich das gerade einmal 20 Millimeter große Tier an etwa doppelt so große, ahnungslose Schaben heran. Dann geht alles ganz schnell: Ein Stich in die Brust, einer ins Gehirn – und das Opfer wird zum willenlosen Zombie.
Die Wespe manipuliert mit ihrem Gift das Nervensystem der Amerikanischen Großschabe und beraubt sie damit ihres Fluchtreflexes. So lässt sich das Opfer ohne Widerstand an einer seiner Antennen packen und abführen: in ein Loch, in dem der Tod lauert. Ampulex compressa legt in der selbstgefertigten Höhle nämlich ein Ei auf ihrem neuen Leibeigenen ab. Schlüpft der Nachwuchs, frisst er die Schabe bei lebendigem Leib auf.
Kampfesmutige Insekten
Doch so wehrlos die Schaben nach dem Wespenstich auch sind, so wehrhaft zeigen sie sich davor: „Es gibt zahllose Berichte über beeindruckendes Verteidigungsverhalten der Schaben. Sie sollen es mitunter sogar schaffen, die feindlichen Wespen tödlich zu verletzen“, schreibt Ken Catania von der Vanderbilt University in Nashville. Wie genau die Insekten Gegenwehr leisten und wie häufig sie dabei tatsächlich erfolgreich sind, ist bisher allerdings noch nie genauer untersucht worden.
Um das zu ändern, hat der Wissenschaftler die entscheidenden Szenen nun in extremer Zeitlupe gefilmt. Dabei beobachtete er: Bemerken die Schaben, dass sich eine Juwelwespe nähert, bringen sie sich in Position und machen sich bereit für den Verteidigungsschlag: „Ich nenne das die En-garde-Position wie beim Fechten“, sagt Catania.
Gezielter Tritt
Um dem Angriff des Feindes zu entgehen, heben die Schaben ihren Körper leicht an und bringen so zunächst ihren empfindlichen Hals- und Kopfbereich außer Reichweite. Dann treten sie kräftig mit ihren Hinterbeinen aus – beinahe wie ein Karatekämpfer. Mit diesen Kicks zielen sie immer wieder auf den Kopf der Juwelwespe und versuchen sie, in die Flucht zu schlagen.
Diese Strategie scheint tatsächlich recht erfolgreich zu sein, wie der Forscher berichtet. So schafften es erwachsene Insekten in immerhin 63 Prozent der Fälle dem drohenden Zombie-Schicksal zu entgehen. Jungtiere dagegen müssen die Karateabwehr offenbar erst noch perfektionieren: Sie fielen den Wespen fast immer zum Opfer.
Und die Wespen? „Sie lassen bei entsprechender Gegenwehr in der Regel recht schnell von dem Opfer ab und suchen sich lieber eine kleinere und weniger wehrhafte Schabe“, sagt Catania. „Für Schaben, die nicht zum Zombie werden wollen, lautet also der beste Tipp: Sei wachsam und trete immer wieder auf den Kopf deines Angreifers ein.“ (Brain, Behavior and Evolution, 2018; doi: 10.1159/000490341)
(Vanderbilt University, 02.11.2018 – DAL)